Bisher war es ein Versprechen, nun ist es ein Zugeständnis: Die EU gewährt der Schweiz eine Präzisierung bei der Anwendung einer Schutzklausel gegen zu starke Einwanderung von Arbeitnehmenden aus der EU. Man müsse der Schweiz in dieser Frage entgegenkommen; ohne einen Kompromiss drohe das Gesamtpakt zu scheitern.
In diesem Sinne informierte die EU-Kommission die 27 EU-Mitgliedstaaten mit Blick auf die noch laufenden Verhandlungen über neue Abkommen mit der Schweiz. Das hat SRF aus vertraulichen Quellen erfahren.
Ausgeschlossen bleibt, dass die Schweiz mit einem einseitigen Beschluss die Personenfreizügigkeit einschränken kann. Beide Parteien wollen eine gemeinsame Formel finden, wie die bestehende Schutzklausel zu interpretieren ist.
Bis heute fehlt eine Definition, was unter «schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen» zu verstehen ist. Nur unter dieser Bedingung könnten die Schweiz und die EU übereinstimmend eine zeitlich unbeschränkte Schutzklausel aktivieren.
Grosses Entgegenkommen seitens der EU
Die angestrebten Präzisierungen sollen festhalten, wie das Verfahren für einen allfälligen gemeinsamen Entscheid ablaufen könnte und wie ein Schiedsgericht angerufen würde, bei dem der Europäische Gerichtshof aber ausgeschlossen bleibt. Dies, weil es nur um die Auslegung des bilateralen Vertrages zur Personenfreizügigkeit geht, nicht um EU-Recht.
Weil noch weiterverhandelt wird, hat die EU-Kommission gegenüber den EU-Ländern noch keine inhaltlichen Details offenlegen wollen. Unabhängig davon, stellt die Präzisierung der Schutzklausel jedoch ein grosses Entgegenkommen seitens der EU dar. In den Vorverhandlungen hatte sie dies noch ausgeschlossen.
Die weiteren Differenzen mit Brüssel
Im Gegenzug erwartet nun die EU-Kommission, dass europäische Studierende, die für ein Studium in die Schweiz übersiedeln, keine höheren Studiengebühren zu bezahlen haben, wie das heute an einigen Schweizer Universitäten der Fall ist. Gleiches gilt dann im Gegenzug auch für Schweizer Studierende in einem EU-Land. Auch diese dürften nicht mit höheren Gebühren belegt werden als alle anderen Studierenden mit einem EU-Pass.
Weitere Differenzen gilt es bis Jahresende noch zu bereinigen in den Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz. Namentlich die Höhe der Schweizer Beitragszahlungen an wirtschaftlich schwächere EU-Länder in Osteuropa und die Schweizer Beitragszahlungen an die EU-Programme für Forschung, die Mobilität für Studierende und Lernende, oder für die Teilnahme an der Weltraumforschung.
Da dürfte sich das Entgegenkommen der EU gegenüber der Schweiz in Grenzen halten.