Daniel Lampart ist für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB in den Gesprächen mit dem Bund und der Arbeitgeberseite über eine mögliche Annäherung an die EU dabei.
Die Schweizer Arbeitgeber spielen eine himmeltraurige Rolle.
Vor den Delegierten in Bern hat sich der Chefökonom des SGB heute Freitag erstmals öffentlich zum aktuellen Stand geäussert. Und Klartext gesprochen: «Anders als in den Medien suggeriert wird, liegt bis heute beim Lohnschutz nichts auf dem Tisch, bloss eine Verschlechterung.»
Deutliche Worte des Chefökonomen
Die Arbeitgeber würden keine Hand bieten für Verbesserungen. Im Gegenteil, sagt Lampart, und geht zum Frontalangriff über: «Die Schweizer Arbeitgeber spielen eine himmeltraurige Rolle. Sie wollen ein Rahmenabkommen, wehren sich aber nicht bei der Verschlechterung beim Lohnschutz und weigern sich, bei der Problemlösung Hand zu bieten.»
Und die Probleme beim Lohnschutz seien im Rahmen der laufenden Sondierungsgespräche zwischen der Schweiz und der EU nicht kleiner geworden, sondern vielmehr grösser, erklärt der SGB-Chefökonom: «Die bisherige Entwicklung der Sondierungsgespräche ist besorgniserregend; der Lohnschutz und der Service Public sind nicht gesichert.»
EU-Vertreter wie EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic würden zwar immer wieder vorgeben, sie hätten Verständnis für die Anliegen der Gewerkschaften. Doch ihre Vertreter in den Sondierungsgesprächen täten das Gegenteil, sagt Lampart.
SGB will Zugeständnisse seitens der EU
So verlange die EU-Kommission neuerdings, dass Firmen aus der EU ihren Angestellten in der Schweiz keine Schweizer Spesenansätze mehr bezahlen müssten. Dies könne für Arbeitnehmende Einbussen von bis zu 1'000 Franken pro Monat bedeuten, rechnet Lampart vor. «Über diese arbeitnehmerfeindliche Haltung der für die Schweiz zuständigen EU-Vertreter sind wir geschockt.»
Bei den Delegierten des Gewerkschaftsbundes kommt das alles gar nicht gut an. Im Saal ist man sich einig: Ohne klare Zugeständnisse der EU und der Arbeitgeberseite sind die Gewerkschaften nicht bereit, neue Abkommen mit der EU abzuschliessen, wie aus den Voten der Delegierten klar wird.
Schlechte Nachrichten für den Bundesrat
Ohne eine einzige Gegenstimme haben die Delegierten des SGB eine Resolution verabschiedet, welche die Position des Gewerkschaftsbundes im Hinblick auf ein allfälliges Verhandlungsmandat mit der EU darstellt. Darin sind klare rote Linien formuliert. Der SGB zeigt zwar erstmals eine gewisse Bereitschaft, die von der EU kritisierte 8-Tage-Voranmeldefrist schrittweise zu verkürzen. Auch Verbesserungen, die sich aus Sicht des SGB mit der Unionsbürgerrichtlinie der EU ergäben, ist man bereit, zu übernehmen.
Aber gleichzeitig verlangt der Gewerkschaftsbund eine ganze Reihe von verbindlichen Garantien, die den bisherigen Lohnschutz absichern sollen. Die Übernahme der EU-Spesenregelung lehnt der SGB ab. Die von der EU geforderte vollständige Marktöffnung beim Strom lehnt der SGB ab. Und auch eine Marktöffnung beim öffentlichen Verkehr lehnt der SGB ab. Für den Bundesrat, der Ende dieses Monats «Eckwerte» für ein Verhandlungsmandat mit der EU definieren will, sind das äusserst schlechte Nachrichten.