«Mein Vater hat an Doktor Doepp festgehalten, weil er ihm Hoffnung gab. Der Arzt sagte ihm nicht, wie die Prognose aussah, sondern versprach, mit dem und dem leben Sie weiter.» Mit «dem und dem» sind allerlei Nahrungsergänzungsmittel gemeint und das Bioresonanzgerät Timewaver. «Ich weiss nicht, wie stark ein Mensch manipuliert werden kann, aber es ist extrem, wie Doepp das gemacht hat», sagt die Tochter.
Der Vater starb mit 63 Jahren an Krebs. Zuvor war er bei Manfred Doepp in Behandlung. Die hinterbliebenen drei Kinder und die Lebenspartnerin kritisieren, dass Doepp den Vater – nennen wir ihn B. – medizinisch falsch behandelt habe. Die Tochter sagt: «Im Nachhinein sieht man, wie lange Papi mit einer richtigen Therapie vielleicht hätte länger kämpfen können, hätte man früher damit angefangen. Das gibt uns allen zu denken.»
Arzt betrachtet die Coronakrise als Fake
In der Szene der teilweise rechtsesoterisch angehauchten Verschwörungstheoretiker ist der Sankt Galler Arzt Manfred Doepp ein kleiner Star. Er ist omnipräsent im Internet: Seine Vorträge sind auf Youtube, er doziert in TV-Kanälen und schweift dabei in rechtsesoterisches Gedankengut ab. Die Coronakrise beispielsweise gebe es gar nicht: «Es ist ein Fake. Es wäre ohne weiteres möglich, das Ganze ohne Impfungen zu beenden.»
Manfred Doepps liebstes Gerät ist der Timewaver, das bekannteste von vielen ähnlich funktionierenden Bioresonanzgeräten. Der Timewaver ist eine Art Scanner für den menschlichen Körper. Er diagnostiziere und heile zugleich. Dies geschehe zum einen über das sogenannte Informationsfeld, das «jeder Mensch um sich hat», zum anderen mit Hilfe des «universellen Informationsfeldes». Doepp behauptet: «Wir können in der Vergangenheit arbeiten und in der Zukunft.»
Ärzte diagnostizieren Lungenkrebs
Der Timewaver misst auch die Aura. Sie soll Aufschluss über den Charakter einer Person geben. Naturwissenschaftlich lässt sich nichts von all dem nachweisen. B. wurde von Doepp mit dem Timewaver von Ende Juli bis Dezember 2019 behandelt. Das Gerät durchleuchtet den gesamten Organismus – inklusive Psyche, Bewusstsein und Spiritualität. Er misst sogar die Aura. Sie soll Aufschluss auf den Charakter einer Person geben. Die Kur findet zum Teil via Fernbehandlung statt.
Die Zusatzversicherung übernimmt die Behandlung. Sie kostet pro fünf Minuten 17 Franken. B. bezahlte für eine einzige Sitzung 656 Franken. Es waren mehrere Sitzungen.
Gegen Ende 2019 geht es B. immer schlechter. Dr. Doepp erstellt mit dem Timewaver regelmässig Analysen. Im Januar 2020, ein halbes Jahr nach Doepps Behandlungsbeginn, diagnostizieren Onkologen im Zürcher Triemli-Spital Lungenkrebs mit Metastasen im Hirn. Nicht mehr heilbar, für Behandlungen ist es zu spät.
«Da ging ein halbes Jahr verloren»
«Kassensturz» dokumentierte Thomas Cerny mit dem Fall. Der Professor ist Präsident der Krebsforschung Schweiz und einer der renommiertesten Krebsforscher im Land. Gemäss Cerny war der Krebs zum Zeitpunkt von Doepps Untersuchung im Juli 2019 längst vorhanden. Man habe wertvolle Zeit verloren: «In diesen Monaten hat der Tumor, der am Anfang hoffentlich limitiert war, wahrscheinlich Ableger im Hirn gemacht. Da ist ein halbes Jahr verloren gegangen. Eine kleine Ewigkeit für die Diagnose eines Lungenkrebses. Hier hat man mit hoher Wahrscheinlichkeit die Chance, dass der Tumor noch eine gute Prognose gehabt hätte, vertan.»