Die EU will kräftig aufrüsten: 800 Milliarden Euro hofft alleine die EU-Kommission über zwei Kanäle mobilisieren zu können: Eine Lockerung der Schuldenregeln und Kredite der Europäischen Union. Von dieser Aufrüstung könnte auch die Schweiz profitieren.
Vorteile beim Bestellen, Hoffnung beim Liefern
Einerseits könnte die Rüstungsindustrie künftig mehr liefern. Die Schweiz könnte andererseits als Bestellerin profitieren, die in den kommenden Jahren selbst aufrüsten will. Denkbar sind Mengenrabatte, wenn Güter gemeinsam mit EU-Mitgliedstaaten bestellt werden.
Das ermöglicht allen Ländern, mit denen die EU eine Partnerschaft unterschrieben hat, gemeinsam einzukaufen.
Damit die Schweiz gemeinsam mit EU-Mitgliedstaaten einkaufen kann, verlangt die EU aber einen neuen Vertrag, eine Partnerschaft für Sicherheit und Verteidigung. «Das ermöglicht allen Ländern, mit denen die EU eine Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft unterschrieben hat, gemeinsam mit EU-Mitgliedstaaten einzukaufen», erklärte Anfang Woche ein EU-Sprecher in Brüssel. Wird gemeinsam mehr bestellt, sinken tendenziell die Preise und die Bestellung kann auch höher priorisiert werden.
Neues Abkommen Thema in der Sicherheitskommission
Ein Abkommen ermöglicht auch, dass Schweizer Lieferanten grössere Anteile an Bestellungen aus der EU abdecken können. Ohne Abkommen darf der Anteil der Schweiz maximal ein Drittel ausmachen. Mit Abkommen kann er auch höher liegen. Damit könnte die Schweizer Rüstungsindustrie stärker von der europäischen Aufrüstung profitieren.
Bislang war ein solches Abkommen für die Schweiz kein Thema. Gegenüber SRF zeigen sich aber Sicherheitspolitiker fast aller Parteien offen.
Ich würde es sehr begrüssen, wenn das einen Schritt weitergehen würde.
Die Präsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, Priska Seiler Graf (SP), erklärt etwa, sie wolle das Abkommen in der Kommission thematisieren: «Ich würde es sehr begrüssen, wenn das einen Schritt weitergehen würde.» Die Zukunft liege in Rüstungskooperationen, so Seiler Graf.
Offenheit gibt es auch bei Vertretern von FDP, GLP und Mitte-Partei. «Sehr sinnvoll», nennt etwa Heinz Theiler (FDP) ein solches Abkommen. Reto Nause (Mitte) betont, es gehe dabei vor allem um Beschaffungen. «Wir sind neutral und werden neutral bleiben», so Nause. Ein Bündnis sei kein Thema, aber darum gehe es beim Sicherheitsabkommen mit der EU nicht.
Grüne zeigen sich offen, SVP dagegen
Balthasar Glättli von den rüstungspolitisch üblicherweise zurückhaltenden Grünen sagt zwar, der Krieg finde nicht in den europäischen Zeughäusern statt. «Aber wenn man perspektivisch europäische Zusammenarbeit anschaut, wehren wir uns nicht prinzipiell.»
Man spricht immer von gemeinsamen Beschaffungen, dabei bleibt es aber nicht.
Kritisch ist einzig die SVP: Sehr skeptisch sei er, sagt Nationalrat Mauro Tuena. Die erhofften Mengenrabatte bei Bestellungen würden wohl klein ausfallen. Und: «Man spricht immer von gemeinsamen Beschaffungen, dabei bleibt es aber nicht.»
Tuena befürchtet, dass die Schweiz und die EU sicherheitspolitisch mit einem neuen Abkommen im Sicherheitsbereich näher zueinander rücken. Das sei mit der Neutralität nicht vereinbar. Abgesehen von der SVP ist die Offenheit für ein Sicherheitsabkommen mit der EU aber bemerkenswert gross.