Die Corona-Fallzahlen sind in der Schweiz am Steigen, die Spitaleintritte nehmen zu, und auch die Intensivstationen beginnen sich wieder mit Corona-Patientinnen und -Patienten zu füllen. Die allermeisten der schwer Erkrankten sind nicht geimpft.
Zudem müssen überdurchschnittlich häufig Menschen hospitalisiert werden, deren Familien aus der Balkan-Region stammen, vor allem aus dem Kosovo und Nordmazedonien. Das hat die wissenschaftliche Taskforce am Dienstag bestätigt.
Ihr sei das Problem bewusst – und die Situation gehe ihr sehr nahe, sagt Qëndresa Hoxha-Sadriu ohne Umschweife. Die 27-Jährige aus Opfikon-Glattbrugg politisiert für die SP im Zürcher Kantonsparlament. Sie habe das Corona-Thema in den letzten Wochen sehr häufig gegenüber Freunden und Bekannten angesprochen.
Sie sehe sich auch in der Verantwortung. «Ich habe sehr viele private Gespräche geführt und stehe in Kontakt mit Vereinen und Organisationen, damit wir uns zusammenschliessen und eine Kampagne machen können.»
Es gibt eine gewisse Vorsicht gegenüber staatlichen Anordnungen, die man früher hatte und bis heute nicht ablegen kann.
Es sei wichtig, dass sich die albanische Gemeinschaft in der Schweiz mehr im Kampf gegen das Coronavirus engagiere, betont Hoxha-Sadriu. Denn zu viele aus der Schweiz hätten sich in den Sommerferien oder bei Familienbesuchen im Kosovo und Nordmazedonien mit dem tückischen Virus angesteckt.
Eine Verantwortung dafür sieht sie auch bei den Regierungen in Pristina und Skopje, die – anders als der Bundesrat – eher lasch mit der Coronasituation umgegangen seien und zu wenige Massnahmen ergriffen hätten.
Viele Ungeimpfte in der Community
Ein zentrales Problem ist aber, dass viele albanischstämmige Menschen, die in der Schweiz leben, nach wie vor nicht geimpft sind. Dafür dürfte es auch historische Gründe geben, schliesslich gehörten ihre Herkunftsländer früher zum kommunistischen Jugoslawien. Mit Auswirkungen bis heute: «Es gibt eine gewisse Vorsicht gegenüber staatlichen Anordnungen, die man früher hatte und bis heute nicht ablegen kann», sagt Hoxha-Sadriu.
Man müsse umso mehr versuchen, den Menschen zu erklären, dass die Corona-Impfung – entgegen allen Verschwörungstheorien – sicher sei, unterstreicht sie. Und aufzeigen, wie wichtig die Impfung sei, auch im Interesse von Wirtschaft und Arbeitsplätzen, um weitere Shutdowns zu verhindern. Eine Botschaft, die sich, wie die junge Sozialdemokratin betont, nicht nur, aber eben auch an die albanische Gemeinschaft richte.
Impf-Appell aus den eigenen Reihen
Dafür engagiert sich auch Brikela Andrea aus Bern, die bei Diaspora TV eine albanischsprachige Informationssendung moderiert. Sie hält fest, dass es rund ums Thema Impfen wichtig sei, mit Vorbildern und Beispielen zu arbeiten: «Warum bin ich geimpft, warum bist du geimpft, warum ist diese oder jene Person geimpft? Eine Fachperson könnte erklären, wie wichtig das Impfen ist und was es braucht, um die Pandemie gemeinsam zu bewältigen.»
Neben der albanischen Gemeinschaft selber seien aber auch die Behörden in der Pflicht, betont Qëndresa Hoxha-Sadriu. Etwa in ihrem Heimatkanton Zürich. Es werde zwar in verschiedenen Sprachen sehr viel Werbung gemacht. «Aber es wäre dringend nötig, dass der Kanton besser mit den Botschaftern und den albanischen Zeitungen zusammenarbeiten würde.»
Denn ein Impfaufruf aus den eigenen Reihen würde eine grosse Hilfe sein, ist die SP-Politikerin überzeugt. Gefragt ist also eine enge Zusammenarbeit.