Die Zahl der Covid-19 Infizierten nimmt täglich exponentiell zu. Und auch die Zahl derjenigen, die das Virus überstanden haben, steigt, wenn auch zurzeit noch langsamer. In der Schweiz werden die Geheilten nicht explizit erfasst. Weltweit gelten über 86'000 Personen als geheilt.
Und die Menschen – davon geht man inzwischen aus – sind immun. Eine davon ist Bettina Sooder. Sie war die dritte offiziell an Covid-19 erkrankte Person in Zürich. «Es war ein komisches Gefühl, weil man plötzlich eine Gefahr für andere ist. Man fühlt sich auch einsam.»
Die 26-Jährige hat sich vermutlich vor fast drei Wochen in Mailand angesteckt. Sie war dort während der Fashion Week in Restaurants, im Ausgang und sich keinerlei Gefahr bewusst. Als sie in der folgenden Woche leichte Erkältungssymptome verspürte, rief sie ihren Arbeitgeber an, um sich abzumelden.
Zuerst war ich schon ziemlich überrascht, weil ich wirklich dachte, ich habe es nicht. Meine Symptome waren nicht sehr stark.
Eine Kollegin riet ihr, einen Corona-Test zu machen. Erst tags zuvor war der erste Fall in der Schweiz bekannt geworden. Kurz darauf erfährt Sooder, dass sie positiv getestet wurde. Sie muss im Spital in ein Isolationszimmer. «Zuerst war ich schon ziemlich überrascht, weil ich wirklich dachte, ich habe es nicht. Meine Symptome waren nicht sehr stark. Ich hatte Husten, Schluckweh, Kopfweh und auch einen ziemlich starken Geschmacks- und Geruchsverlust. Aber nicht so, dass ich unter normalen Umständen nicht arbeiten gegangen wäre.»
Vier Tage bleibt sie im Unispital Zürich in Isolation. Danach kann sie die Quarantäne bei sich zu Hause weiterführen. Für weitere zehn Tage. «Ich bekam jeden Tag einen Anruf vom Infektiologen, der mich fragte, wie es mir geht und ob ich noch Symptome hätte. Am längsten hielt der Husten. Als der dann weg war, hat der Infektiologe das am nächsten Tag überprüft und nachdem ich 48 Stunden symptomfrei war, war ich geheilt und darf nun wieder raus und arbeiten gehen.»
Die Leute machen schon einen Bogen um mich, weil sie Angst haben, infiziert zu werden, und das verstehe ich auch.
Trotzdem wollten viele ihr noch nicht zu nah kommen. «Man wird schon ein wenig stigmatisiert. Und die Leute machen schon einen Bogen um mich, weil sie Angst haben, infiziert zu werden, und das verstehe ich auch. Es gab auch Kolleginnen, die sagten, ich will dich jetzt lieber noch nicht treffen.» Dabei wäre Sooder einige der wenigen in diesen Tagen, die man sorglos treffen könnte. Und das macht sie sich zu Nutze.
Sooder arbeitet in einer Kinderwunschklinik in Zürich als Arztsekretärin – normalerweise viel im Sekretariat. Aber jetzt nutzt sie ihre Immunität und nimmt den Patientinnen meistens Blut ab. Wenn die Klinik in gut zwei Wochen schliesst, will sie noch weitergehen: Die gelernte Fachangestellte Gesundheit hat einem Spital ihre Hilfe angeboten.
Ich bin froh, dass ich jetzt gesund bin und wieder mal ohne schlechtes Gewissen jemandem die Hand schütteln kann.
Marcel Salathé sagt, geheilte Personen würden sehr wichtig werden. «Nicht nur fürs Gesundheitssystem, sondern fürs Gesamtsystem. Wer immun ist, wird nicht mehr vom Virus betroffen sein.» Geheilte, so Salathé, könnten das ganze System in den Alltag zurückzuführen: «Sie können wichtige Positionen übernehmen, wo viele Leute ausfallen werden, weil sie krank werden oder eben nicht krank werden wollen.»
Nach der Quarantäne hat sich Sooder eigentlich auf etwas Freiheit und Zeit draussen gefreut. Selbst wenn sie weder eine Gefahr für andere ist noch selbst krank werden könnte – auch sie hält sich an die nun geltenden Regeln. «Sonst müsste ich jedem erklären, dass ich geheilt bin, und das mache ich nicht. Aber ich bin froh, dass ich jetzt gesund bin und wieder ohne schlechtes Gewissen jemandem die Hand schütteln kann.»