Worum geht es? Die Schweiz bringt sich in den USA in Position im Hinblick auf den erwarteten Zollentscheid von Präsident Donald Trump. Und sie wehrt sich gegen den US-Vorwurf, dass die Schweiz unfaire Handelspraktiken anwende. Neben Hinweisen auf Schweizer Investitionen setzen die Leute von Wirtschaftsminister Guy Parmelin auf einen weiteren Trumpf: Sie positionieren die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied. Die Linke kritisiert das.
Wie spielt die Schweiz die EU-Karte? In einem Brief an das Büro des US-Handelsbeauftragten schrieb das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) vor rund zwei Wochen: «Wie die USA lassen wir bei Regulierungen gesunden Menschenverstand walten und vermeiden unnötige Belastungen für Firmen.» Danach listet das Seco Regulierungen der EU auf, welche die Schweiz nicht übernommen hat:
- Die Schweiz kenne keine «belastende» Regulierung der Künstlichen Intelligenz (KI), schreibt das Seco. Die EU hatte letzten Sommer die weltweit ersten verbindlichen KI-Regelungen beschlossen.
- Es gibt in der Schweiz laut Seco keine «weit reichenden» Verpflichtungen für Online-Plattformen wie Google, Facebook oder X. Die EU macht demnach unter anderen diesen Plattformen Vorgaben zum Jugendschutz und gegen Desinformation.
- Die Schweiz habe zudem nicht vor, einen CO₂-Grenzausgleich einzuführen, so das Seco. Gemeint sind von der EU beschlossene CO₂-Abgaben auf Zement-, Metall-, Dünger- oder Stromimporte.
Das Seco fährt also eine Abgrenzungsstrategie zur EU in den Bereichen Tech-Regulierung und Klimaschutz. Das sind Politikbereiche, die Präsident Trump besonders stark kritisiert.
Welche Strategie steckt dahinter? Das Seco versucht die Schweiz gegenüber der Trump-Administration als für die US-Wirtschaft wichtiges und attraktives Land zu positionieren und so zusätzliche Zölle zu verhindern. Neben dem erwähnten Brief setzt die Schweiz auch auf direkte Kontakte: Vorletzte Woche traf Seco-Chefin Helene Budliger Artieda den Stabsschef des US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer. Im Brief ans Büro von Greer bezeichnet das Seco die Schweiz als «wahre Freundin» und «natürliche Partnerin» der USA. Weil die Schweiz weniger reguliere, würden viele US-Firmen die Schweiz als Brücke nach Europa nutzen.
Weshalb ist die Strategie umstritten? Kritik kommt von links. «Die Schweiz versucht sich bei der US-Regierung anzubiedern, indem er unsere europäischen Freunde verrät», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. Die Schweiz biete sich US-Präsident Trump als Brückenkopf in Europa an, statt sich mit den anderen europäischen Staaten für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit einzusetzen. Trumps Strategie sei es, Europa zu spalten. «Mit einem solchen Gebaren unterstützt die Schweiz diese desaströse Politik. Das ist erschreckend.»
Was sagt der Bundesrat? Der Bundesrat will zur EU, zu China und zu den USA gute Wirtschaftsbeziehungen unterhalten. «Wir wollen unsere Handelsbeziehungen diversifizieren und wollen keine Blockbildung», sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin in der SRF-Samstagsrundschau. Angesprochen auf den Brief des Seco, der die Regulierungsunterschiede Schweiz-EU betont, sagte er: «Das ist die Wahrheit, nur die Wahrheit.»
Wie geht es weiter? Für den 2. April hat Donald Trump neue Zölle angekündigt. Wirtschaftsminister Parmelin sagte in der SRF-Samstagsrundschau, er erwarte eine Verhandlungsphase nach der Ankündigung.