Meret Schneider arbeitet als Geschäftsführerin von Sentience Politics. «Die Organisation macht Politik für alle Lebewesen – Menschen und Tiere», erklärt die 27-jährige Zürcherin. Die Beziehung Mensch-Tier will die frisch gewählte grüne Nationalrätin radikal verändern. Sie ist Veganerin und will die Schweizer und Schweizerinnen von einer rein pflanzlichen Ernährung überzeugen.
«Den aktuellen Fleischkonsum von 52 Kilogramm pro Jahr und Kopf können wir uns keine Sekunde länger leisten. Wir müssen das subito reduzieren!»
Nicht mehr reine Oppositionspartei
Radikale Position, klare Haltung: Schneider ist kein Einzelfall bei den Grünen. Doch mit dem Ziel, einen Sitz im Bundesrat zu erobern, werden es solche Positionen schwer haben, in der Partei mehrheitsfähig zu werden.
Darum stehe bei den Grünen ein Rollenwechsel an, sagt Isabelle Stadelmann, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Bern. Die Grüne Partei sei bisher eine kleine Oppositionspartei gewesen. Jetzt müsse sie «eine gewisse Verantwortung übernehmen».
Pragmatische Lösungen gesucht
Seine Partei könne durchaus Hand zu pragmatischen Lösungen bieten, ist Gerhard Andrey überzeugt. Auch er gehört neu zur grünen Fraktion im Parlament. Der 43-jährige Freiburger ist ursprünglich Schreiner und hat zusammen mit Kollegen eine IT-Firma aufgebaut, die heute 180 Personen beschäftigt. Er wolle vor allem als Unternehmer gehört werden, sagt er.
Schaut man Andreys Smartvote-Profil an, so ist er aber ein typischer Vertreter seiner Partei. Er fordert nicht tiefere Steuern oder ein flexibleres Arbeitsrecht, wie bürgerliche Wirtschaftspolitiker es tun. Er sieht sich aber weder als gewerkschaftsnah noch arbeitgebernah. Ihn interessieren neue Arbeits- und Organisationsformen.
So gibt es in seiner Firma beispielsweise keine Geschäftsleitung. Das Unternehmen arbeitet selbstverwaltet, es gehört den Angestellten.
Keine Berührungsangst
Diese politische Flexibilität und die Kontakte zur Wirtschaft brauchen die Grünen künftig. Nur mit der SP, den Grünliberalen und der CVP Kompromisse zu schmieden, das werde nicht reichen, sagt Politologin Stadelmann.
Am Ende habe bei wichtigen Themen das Stimmvolk das letzte Wort. So zeige etwa die Energiepolitik, dass Verschärfungen beim Volk nur durchkommen, wenn auch die FDP und die Wirtschaft sie unterstützten.
Andrey traut seiner Partei zu, auch mit den Bürgerlichen Kompromisse zu finden: «Ich habe zumindest keine Berührungsangst, mit Kolleginnen und Kollegen dieser Parteien zusammenzuarbeiten, wenn es der Sache dienlich ist.»
Offen für Allianzen mit der SVP
Auch Schneider ist offen für Allianzen. Gerade bei ihren Themen will sie auf die SVP zugehen, schliesslich teilten einzelne Bauern ihre Anliegen. Auch sie seien dem Freihandel gegenüber kritisch eingestellt oder hätten die Massentierhaltungs-Initiative unterstützt. «Da sind wir auf einer Linie und können sicher gut zusammenarbeiten», sagt sie.
Die neuen Gesichter werden die Grüne Partei prägen. Doch am Schluss muss die Partei auch ihre Basis und die jungen Neuwählerinnen und Neuwähler vom neuen Kurs überzeugen und davon, dass es in der Schweizer Politik immer wieder einen Kompromiss braucht.