Die Fusion von CVP und BDP und der neue Name haben der Mitte frischen Schwung gebracht. Nun darf die Partei hoffen, den langjährigen Abwärtstrend zu stoppen. Insbesondere in städtischen Gebieten will sich die Mitte neue Wählerkreise erschliessen.
Aushängeschilder der Partei
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Bild 1 von 4Legende: Bundesrätin Viola Amherd Viola Amherd ist seit 2019 im Amt. Die Walliser Juristin ist die erste Verteidigungsministerin der Schweiz. Sie hat sich von Anfang an gut eingefügt in die Regierung. Durch den Ukraine-Krieg wurde ihre Position als VBS-Vorsteherin wichtiger. Laut Umfragen ist sie in der Bevölkerung beliebt und ist deshalb ein wichtiges Aushängeschild der Partei. KEYSTONE/Alessandro della Valle
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Bild 2 von 4Legende: Präsident Gerhard Pfister Gerhard Pfister ist seit 2016 Parteipräsident. Der Zuger wollte die Partei zuerst mit einer Wertedebatte nach rechts führen, sah dann aber die Chance, dass sich die Partei mit der Fusion neuen Wählerschichten erschliessen könnte. Er hat diese Fusion geschickt über die Bühne gebracht. Pfister ist innerhalb der Partei unbestritten. KEYSTONE/Urs Flueeler
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Bild 3 von 4Legende: Fraktionschef Philipp Bregy Philipp Bregy ist seit 2021 Fraktionschef. Als Oberwalliser stammt Bregy aus einem konservativen Stammgebiet der ehemaligen CVP. Bei seiner Wahl gab es gewisse Bedenken, weil er auf dem rechten Flügel politisiert. Er führt die Fraktion aber straff und hat die Flügelkämpfe reduzieren können. In der Partei geniesst er breiten Rückhalt. KEYSTONE/Peter Klaunzer
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Bild 4 von 4Legende: Ständerätin Isabelle Chassot Die 58-jährige Freiburgerin hat der Mitte mit dem PUK-Präsidium einen wichtigen Posten gesichert. Die Parlamentarische Untersuchungskommission soll den Zusammenbruch der Grossbank Credit Suisse untersuchen. Zuvor war Chassot Regierungsrätin in Freiburg und danach Direktorin des Bundesamts für Kultur. KEYSTONE/Alessandro della Valle
Die Wahlkampfthemen der Mitte
Steigende Krankenkassenprämien: Mit der eigenen Kostenbremse-Initiative will die Mitte die Gesundheitskosten eindämmen und so das Wachstum der Krankenkassenprämien stoppen. Die Initiative verlangt, dass Bundesrat, Parlament und Kantone eingreifen müssen, wenn die Gesundheitskosten zu stark ansteigen.
Heiratsstrafe: Verheiratete werden höher besteuert und erhalten pro Kopf eine tiefere AHV-Rente als unverheiratete Paare. Mit den beiden Volksinitiativen «Ja zu fairen Steuern» und «Ja zu fairen AHV-Renten» will die Mitte diese «Ungerechtigkeit bekämpfen» und die Verheirateten entlasten.
Sichere Schweiz: Unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine betont auch die Mitte die Sicherheitspolitik wieder stärker. Sie wehrt sich gegen den Pazifismus der Linken und den Isolationismus der Rechten und setzt sich dafür für eine internationale Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik ein.
Ausgangslage und Aussichten
In den vergangenen Jahrzehnten hat die ehemalige CVP national deutlich an Wähleranteilen eingebüsst. Dies kulminierte 2003 im Verlust des zweiten Bundesratssitzes. Mit der Fusion mit der BDP und dem neuen Namen hat sich die Mitte stabilisiert und hofft jetzt auf neue Wählerinnen und Wähler.
Bei den vergangenen kantonalen Wahlen schnitt die Mitte unterschiedlich ab: In Zürich und Basel-Landschaft konnte sie zulegen, in Luzern und Genf verlor sie hingegen.
In vier Kantonen ist die Mitte weiterhin die stärkste Partei: in Luzern, Uri, Wallis und Appenzell Innerrhoden.
Während ihr Gewicht im Nationalrat gesunken ist (28 von 200 Sitzen), stellt sie im Ständerat die stärkste Fraktion (14 von 46 Sitzen). Dadurch und durch ihre Stellung zwischen den politischen Polen spielt die Mitte im Parlament häufig die Rolle der Mehrheitsbeschafferin.
Tops in der letzten Legislatur
- Fusion geglückt: Zu Beginn schien unklar, ob die Fusion zwischen CVP und BDP überhaupt zustande kommen würde; in gewissen Kantonen wirkten die Differenzen unüberwindbar. Doch der Parteiführung ist die Fusion gelungen. In der Partei herrscht Aufbruchstimmung.
- Negativtrend gestoppt: Über Jahre verlor die CVP und seit 2021 die Mitte Sitze bei den kantonalen Wahlen. In diesem Jahr gelangen ihr aber in Zürich und im Baselbiet Sitzgewinne. Damit blickt die Partei zuversichtlicher auf die nationalen Wahlen.
- PUK-Präsidium geangelt: Mit Isabelle Chassot gelang es der Mitte, einen Prestigeposten zu besetzen, der auch bei den anderen Parteien begehrt war. Die Freiburger Ständerätin führt die Parlamentarische Untersuchungskommission, die den Zusammenbruch der Credit Suisse untersucht.
Flops in der letzten Legislatur
- Mittelmässige Legislaturbilanz: Traditionell hat die Mitte bei Volksabstimmungen eine hohe Erfolgsquote, da sie als Mehrheitsbeschafferin entweder mit dem linken oder dem rechten Lager zusammengeht. Doch in der aktuellen Legislatur weist sie eine weniger gute Erfolgsbilanz aus. Diese beträgt gut 70 Prozent.
- Fehlende Geschlossenheit: Von einem einheitlichen Abstimmungsverhalten der eigenen Fraktion kann die Mitte nur träumen. Mehrmals haben die Mitte-Ständerätinnen und -räte Entscheide der Mitte-Nationalratskollegen gekippt – jüngst etwa beim Teuerungsausgleich für AHV-Renten oder bei der geplanten Beschaffung von Containern für Asylunterkünfte.
Zahlt sich die Fusion aus?
Gibt eins und eins zwei? Oder sogar mehr? Für die Mitte sind diese nationalen Wahlen besonders, weil es die ersten Wahlen nach der Fusion sind. Für die Mitte steht also die Bewährungsprobe an, ob sich die Fusion gelohnt hat. Grundsätzlich muss es das Ziel der Partei sein, mindestens die Wähleranteile der beiden Vorgängerparteien zu erreichen. Das wäre ein Wähleranteil von 13.8 Prozent.
Herausforderung Städte
Parteipräsident Gerhard Pfister hat das Ziel vorgegeben, die Mitte wolle wachsen. Dabei wird interessant zu sehen sein, ob die Partei in den städtischen Gebieten (wo die CVP nie eine grosse Rolle spielen konnte) tatsächlich zulegen und gleichzeitig in ihren Hochburgen, also in den katholisch geprägten Regionen (Oberwallis, Freiburg, Zentralschweiz), den Wähleranteil halten kann.
Hochburg Ständerat verteidigen
Eine besondere Rolle kommt der Mitte im Ständerat zu, wo sie mit 14 Sitzen die stärkste Fraktion ist. Diese Sitze gilt es zu verteidigen, damit die Partei in der Schweizer Politik auch künftig eine zentrale Position einnehmen kann.