Die SP besinnt sich im Wahljahr auf ihre alten Werte – so fokussiert die Partei auf das Thema «Kaufkraft». Im Weiteren will sie die Energiesicherheit und den Klimaschutz ausbauen und bei der Gleichstellung vorankommen. So will die SP das Resultat von 2019, das schlechteste seit der Einführung der Proporzwahl 1919, korrigieren.
Die Wahlkampfthemen der SP
Mehr Geld für den Mittelstand: Mit der Prämien-Entlastungs-Initiative und der Kita-Initiative will die Partei dafür sorgen, dass insbesondere mittelständische Familien wieder mehr Geld im Portemonnaie haben.
Mieten: Die SP fokussiert auf die explodierenden Mietpreise und in diesem Zusammenhang auf die Wohnungsnot. Die Partei prüft derzeit verschiedene Lösungsansätze, darunter auch eine Volksinitiative dazu.
Klimapolitik: Zusammen mit den Grünen hat die SP eine Klimafonds-Initiative lanciert, welche die ökologische Erneuerung und alternative Energien fördert.
Gleichstellung: Die SP ist die Gleichstellungspartei. Sie will sich weiter einsetzen für gleiche Löhne und Renten für alle. Die Partei ergreift deshalb unter anderem das Referendum gegen die geplante Reform der 2. Säule.
Ausgangslage und Aussichten
Die SP hat vor vier Jahren mit einem Wähleranteil von nur gerade 16.8 Prozent eine historische Schlappe eingefahren. Zwischenzeitlich musste sie gar befürchten, bei den nächsten Wahlen von der FDP als zweitstärkste Partei überholt zu werden. Sie hat zu Beginn der laufenden Legislatur in zahlreichen kantonalen Wahlen Wähleranteile verloren.
Mittlerweile hat sich die Partei gefangen und konnte bei den wichtigen Zürcher Wahlen im Frühjahr gar erstmals seit langem wieder etwas zulegen.
Laut neusten Umfragen wird die SP im Herbst stabil bleiben oder gar leichte Gewinne einfahren. Damit dürfte auch die Diskussion um den Anspruch auf einen zweiten SP-Bundesratssitz verebben. Ziel der SP ist es, den Status quo zu halten, das heisst, nach der SVP die zweitstärkste Partei zu bleiben.
Sorgen bereitet der Partei der Ständerat. Die Sozialdemokraten halten derzeit nur noch sechs Sitze in der kleinen Kammer. Letztmals so schwach vertreten war die Partei 1999 vor bald 25 Jahren. Hingegen könnte die SP im Nationalrat Sitze dazugewinnen.
Tops in der letzten Legislatur
- Die SP gewinnt die Steuerentlastungsvorlagen über die Verrechnungssteuer sowie die Stempelabgaben. Sie kann sich gegen den geschlossenen bürgerlichen Block inklusive GLP sowie die Wirtschaft durchsetzen.
- Die Partei profiliert sich weiter stark als Frauenförderungspartei. In keiner Fraktion ist der Frauenanteil höher als in der SP.
- Die SP gewinnt die Vorlage über die Erweiterung der Antirassismus-Strafnorm. Auch Schwule, Lesben und Bisexuelle erhalten einen besseren Schutz vor Diskriminierung. Der Vorstoss stammte von einem SP-Vertreter.
Flops in der letzten Legislatur
- Die Partei musste eine herbe Niederlage bei ihrer Mieten-Initiative «Für mehr bezahlbaren Wohnraum» hinnehmen.
- Die Partei verlor mit der AHV-Reformabstimmung auch in einem ihrer Kernthemengebiete.
- Die Partei verlor während der Legislatur drei Ständeratssitze (TI/SG/FR) und kommt nur noch auf sechs Sitze im Stöckli, so wenige wie seit 1999 nicht mehr.
Derzeitige Themenlage beflügelt die SP
Teuerung und Kaufkraftverlust haben mitunter dazu geführt, dass die SP nach vielen verlorenen Kantonsratswahlen wieder den Weg aus dem Tief gefunden hat. Die SP setzt denn auch auf das Thema Kaufkraft.
Aber auch beim Thema Familie und Gleichberechtigung ist die Partei gut positioniert. Keine Partei kann in Sachen Gleichstellung mithalten. Die SP liefert den Tatbeweis: Sie stellt prozentual am meisten Nationalrätinnen, in allen Gremien – mit Ausnahme des Ständerats – sind die Frauen sehr gut vertreten.
Grüne sind kaum mehr Konkurrenz
Auch wenn das Thema Klima nach wie vor weit vorne in den Top Ten des Sorgenbarometers figuriert, muss die SP nicht mehr gross befürchten, Wählerstimmen an die Grünen zu verlieren. Das Thema ist aktuell nicht mehr so wahlentscheidend.
Zudem ist die SP beim Thema alternative Energien weit forscher unterwegs als die Grünen. Man nimmt der SP eher ab, dass sie vorwärtsmachen will mit der grünen Wende – sie ist kompromissbereiter beim Abwägen zwischen Landschaftsschutz und Naturschutz. Die Grünen werden eher als «Verhinderer» wahrgenommen.
Herausforderung Bundesräte und Ständerat
Grosse Sorgen macht sich die SP wegen der erodierenden Vertretung im Ständerat. Hatte die Partei in der Legislatur 2015 bis 2019 noch zwölf Ständeratssitze, waren es nach den Wahlen 2019 noch deren neun. In der laufenden Legislatur hat die SP weitere drei Sitze verloren. Aber auch die sechs verbleibenden Sitze sind nicht sicher. In Bern und Solothurn treten die langjährigen Ständeräte nicht mehr an; ob die Partei diese Sitze halten kann, ist ungewiss. Dafür hat die SP in anderen Kantonen gute Chancen, einen Sitz hinzu zu gewinnen; im Kanton Waadt etwa.
Der frühzeitig angekündigte Rücktritt auf Ende Jahr von Bundesrat Alain Berset dürfte der SP für die Wahlen nützen. So beginnt spätestens nach den Sommerferien das Kandidatenkarussell zu drehen, die SP wird also während der heissen Wahlkampfphase Thema sein. Hingegen wird Elisabeth Baume-Schneider wohl kaum die grosse Wahlkampflokomotive sein. Die jüngste SP-Bundesrätin ist bisher in ihrem Amt blass geblieben.