Sie gilt als Aargauer Rezept, die Listenflut. Sehr konsequent angewendet hat sie die Aargauer CVP bei den Wahlen vor vier Jahren. Damals konnte die CVP Wähleranteile gewinnen, möglicherweise auch dank des «Tricks». Bei den nationalen Wahlen 2023 haben schweizweit Parteien auf das System Listenflut, also Wahllisten und ganz viele Unterlisten, gesetzt. Funktioniert hat es nicht überall. Für die Wahlbüros in den Gemeinden bedeutete es vor allem Mehraufwand, zeigt eine Umfrage im Aargau.
Im Aargau gab es zum Beispiel Unterlisten der Jungen SVP, SP Migrant*innen, Junge Grünliberale, SeniorInnen GLP, FDP 60+, Grüne Biobauern – eine richtige Listenflut. Die Stimmen der Unterlisten kommen der Hauptliste zugute, denn mit dieser bilden alle zusammen eine sogenannte Unterlistenverbindung.
Wettrüsten forderte Wahlbüros
Was die CVP Aargau vor vier Jahren angestossen hatte, führte zu einem Wettrüsten bei allen Parteien, schweizweit, sagte Politologin Martina Flick Witzig von der Universität Bern im August gegenüber SRF.
Das Auszählen der vielen Listen dauerte. Auch wenn im Aargau die Wahlurnen bereits um 10 Uhr geschlossen waren, verzögerte sich die angekündigte SRG-Hochrechnung von GFS Bern. Es haben Resultate aus den Gemeinden gefehlt. Die Gründe sind nicht klar. Gemäss Kanton Aargau kam es aber beim Auszählen zu keinen grossen Verzögerungen, sagt Dieter Kindlimann, Generalsekretär der Staatskanzlei Aargau.
Platznot, mehr Personal und Zeit
Ausgezählt haben zum Schluss alle 198 Gemeinden, um 16.30 Uhr war das Schlussresultat der Nationalratswahlen da. Trotzdem sei es eine Herausforderung gewesen, sagt zum Beispiel Marco Häni, Leiter des Wahlbüros Wohlen, einer Aargauer Zentrumsgemeinde. Nebst der aufwändigen Vorbereitung und dem Erfassen der Listen im Kantonssystem war es eng, erzählt er: «Viele Wahlbüros stiessen auf Platznot. Wir auch, auch wenn wir eine grosse Gemeinde sind.»
Im Aargau waren es rekordverdächtig viele Kandidierende. Rund 700 Personen wollten einen der 16 Sitze ergattern, auf 52 Nationalratslisten. «Das muss man auslegen könne, auf einer grossen Ablagefläche. Um diese stehen dann mehrere Personen, die alles sortieren.»
Man habe in den Büros der Gemeinde gearbeitet, aber Fenstersims und zusätzliche Tische als Fläche genutzt, erzählt Häni.
Wir wären nicht unglücklich, wenn es weniger Listen gäbe.
Nebst Platz brauchte es in Wohlen mehr Personal und mehr Zeit. Das Team startete früher als an anderen Wahl- oder Abstimmungstagen. Auch in Döttingen bestätigt Doris Bugmann, Leiterin des Wahlbüros, den Mehraufwand. Sie lobt aber auch die gute Vorbereitung durch den Kanton.
Die Gemeinden haben einen guten Job gemacht.
Der Kanton wiederum lobt die Gemeinden: «Sie haben einen guten Job gemacht am Sonntag. Gerade das Bereinigen der vielen Listen brauchte Zeit», sagt Dieter Kindlimann, Generalsekretär der Aargauer Staatskanzlei.
Verbot für Listenflut?
Was, wenn es künftig weniger Unterlisten gäbe? Wenn die Listenzahl beschränkt würde, wie es gewisse Vorstösse im nationalen Parlament fordern? «Wir wären nicht unglücklich, wenn es weniger Listen gäbe. Aber wir wären natürlich bereit, wenn es so bleibt», sagt Marco Häni aus Wohlen diplomatisch.
Auch Doris Bugmann vom Döttinger Wahlbüro antwortet ähnlich. «Entscheiden muss die Politik. Wir setzen das Ganze um.» Gut möglich also, dass es bei den Wahlen in vier Jahren nicht mehr ganz so eng wird in den Wahlbüros. Der Ball liegt jetzt in Bern, bei Parlament und Bundesrat.