Der grosse Wahlsonntag in den Kantonen Luzern, Genf und Tessin kann als sogenannte Generalprobe vor den eidgenössischen Wahlen gewertet werden. Politologe Michael Hermann schätzt ein, was die Resultate in Hinblick auf die nationalen Wahlen im Herbst aussagen.
SRF News: Was sagen die heutigen Resultate über die eidgenössischen Wahlen im Herbst?
Michael Hermann: Die Grünen stehen unter Druck. Das sieht man in Luzern und in Genf, obwohl dort die Grünen stabil sind und nicht verloren haben. Doch in Genf hat man zuletzt vor fünf Jahren gewählt, das heisst vor der grossen grünen Welle. Damals haben die Grünen in Genf bei den nationalen Wahlen 13 Prozentpunkte gewonnen. Das heisst, das jetzige Resultat muss eigentlich enttäuschen.
Ein weiterer, neuer Punkt zeigt erstmals einen recht deutlichen Rechtsrutsch und Zugewinn der SVP in Luzern, Genf und wahrscheinlich auch im Tessin. Das deutet nicht nur auf eine vermutlich gebrochene grüne Welle hin, sondern dass sich auch noch mehr bewegen könnte in der politischen Landschaft bis zu den Wahlen im Herbst.
In den letzten Wochen hat man auch darüber gesprochen, dass es nach der Krise rund um die Credit Suisse einen sogenannten CS-Effekt bei den Wahlen geben könnte – spüren Sie das?
Ich sehe nicht viel von einem CS-Effekt, obwohl die heutigen Wahlen gerade in einem emotionalen Moment stattgefunden haben. Die SP hat eher ein durchzogenes Resultat geliefert – man hatte ja am ehesten gedacht, dass die SP davon profitieren könnte. Die FDP als ehemalige traditionelle Bankenpartei hat nicht schlecht abgeschnitten. In Genf hat sie zwar verloren, aber dort war die neue Liste von Pierre Maudet eine Konkurrenz, die der FDP klar Stimmen weggenommen hat.
Wir sehen einen Aufbau dieses Rechtsrutsches, dieser Dynamik der SVP.
Man sieht da also noch relativ wenig Bewegung. Und man sieht auch, dass es gar nicht so einfach ist, ein solches Ereignis direkt in Parteistimmen umzumünzen. Die Leute sind zwar sehr wütend, aber das bedeutet nicht, dass sie sich deswegen bei Wahlen anders entscheiden.
Was kann nun bis im Oktober noch passieren?
Was wir nun sehen, ist ein Aufbau dieses Rechtsrutsches, dieser Dynamik der SVP. Das kann sich noch verstärken, so wie es im Sommer 2015 der Fall war. Auch die Bankenkrise kann sich noch intensivieren. Es geht in eine gewisse Richtung, und die heisst eher rechts.
Das Gespräch führte Katharina Locher.