Der vergangene Monat war der wärmste März in Europa seit Aufzeichnungsbeginn. Auf die warmen Frühlingstage achten aber nicht nur Menschen, sondern auch Vögel. Viele von ihnen fliegen im Frühling von Südeuropa oder Afrika zurück in die Schweiz. Dank des warmen Wetters kehren einige von ihnen nun früher in die Schweiz zurück.
«In diesem Jahr sind einige Vogelarten bereits drei Wochen früher zurückgekehrt als noch vor 50 Jahren», sagt Stefan Bachmann, Mediensprecher beim Naturschutzverband Birdlife Schweiz. Der Verband beobachtet seit einigen Jahren starke Veränderungen bei den Flugrouten der Vögel.
Viele Kurzstreckenzieher, die von der Schweiz aus in den Mittelmeerraum fliegen, hätten ihre Wege verkürzt. «Flogen sie früher bis nach Nordafrika, bleiben sie jetzt in Italien. Viele Arten bleiben auch immer häufiger bei uns in der Schweiz.» So zum Beispiel der Zilpzalp. Nur noch ein kleiner Teil dieser Art fliegt nach Spanien, der Grossteil bleibt in der Schweiz.
Durch die Klimaveränderung bleibt vielen Vögeln die lange Reise in den Süden erspart. «Wenn die Vögel kürzere Strecken fliegen müssen, ist das durchaus ein Vorteil für sie», sagt Bachmann. Diejenigen Vogelarten, die in der Schweiz bleiben würden, könnten sich relativ schnell anpassen und sich je nach Witterung und Wetter anders formieren. Jedoch haben die höheren Temperaturen auch negative Folgen für die Vögel.
Langstreckenzieher passen sich zu langsam an
Das zeigt sich am Beispiel der Langstreckenzieher, die weite Strecken zurücklegen und bis unter die Sahara fliegen. Auch sie haben sich langsam an das neue Klima angepasst. «Einige Vogelarten treffen heute um ein, zwei Wochen früher in der Schweiz ein», sagt Bachmann. Im Gegensatz zu den Kurzstreckenziehern würden sie aber nicht mitbekommen, wenn sich das Wetter in Europa verändere. Dadurch passen sie sich zu langsam an den Klimawandel an.
Die Folge: Sie treffen zu spät in der Schweiz ein. «Die Vögel passen ihre Jungenaufzucht an die Nahrungsbasis an. Sie haben genau dann ihre Jungen, wenn auch ganz viele Raupen im Wald vorhanden sind. Wenn die Raupen schon zwei Wochen früher ihren Peak haben, ist die Futterbasis zu klein», weiss Bachmann.
Mensch derzeit grösseres Problem als Klimawandel
Künftig würden sich die Lebensräume der Vögel weiter stark verändern, so Bachmann. «Die Schweiz wird in 100 Jahren anders aussehen als heute.» Feuchtgebiete könnten aufgrund von Wassermangel austrocknen und der Permafrost in der Tundra und Taiga auftauen. Auch auf der Zugroute könnten die Feuchtgebiete austrocknen, sagt Bachmann. «Die Vögel müssten dann nonstop von Europa nach Afrika fliegen.» Birdlife nimmt an, dass gewisse Arten aussterben und sich die Bestände verschieben werden.
Dramatischer sei derzeit jedoch der Lebensraumverlust durch den Menschen – durch Überbauung oder die Landwirtschaft, sagt Bachmann. «Wenn die Vögel bei uns nicht mehr brüten können, weil sie keine Nahrung finden, dann ist das im Moment sicher der Haupttreiber für den Artenverlust.» Die Klimaveränderung werde sich vor allem in Zukunft stark auf die Vögel auswirken.