Der Ball liege auch bei den Kantonen und ihren Spitälern, sagte Gesundheitsminister Alain Berset nach einem Treffen mit den kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren am Donnerstag vor den Medien.
Der Bundesrat habe deshalb die Kantone aufgefordert, ihre Spitalkapazitäten so anzupassen, dass sie ein Maximum an Patientinnen und Patienten versorgen könnten – auch wenn ihm völlig klar sei: Das sei angesichts des Personalmangels in dem Bereich schwierig.
Die Kantone können die Kapazitäten durchaus noch etwas erhöhen. Man muss sich einfach bewusst sein, was das bedeutet.
Bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) erwidert Sprecher Tobias Bär nun: «Die Kantone können die Kapazitäten auf den Intensivstationen für die Behandlung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten durchaus noch etwas erhöhen. Man muss sich einfach bewusst sein, was das bedeutet.» Nämlich: Verschiebung von Operationen, weniger Behandlungsqualität.
Zwei Jahre für Zusatzausbildung
Der bundesrätliche Ausbau-Appell ist nicht neu. Schon im Sommer des vergangenen Jahres forderte der Bundesrat die Kantone auf, ihren Personalbestand insbesondere auf den Intensivstationen bei Bedarf auszubauen. Seit da sei kontinuierlich Personal ausgebildet worden, erklärt GDK-Sprecher Bär. Es sei aber nicht möglich, in dieser kurzen Zeit qualifiziertes Fachpersonal aufzustocken, eine Zusatzausbildung zur Pflegefachkraft Intensivstation (IPS) dauere zwei Jahre.
Eine Erhöhung der Kapazitäten war und ist immer abhängig davon, wie viel Fachpersonal zur Verfügung steht.
Das bestätigen Betroffene: Ein Personalausbau im IPS-Bereich, so Philipp Lutz vom Kantonsspital St. Gallen, sei überhaupt nicht einfach. «Eine Erhöhung der Kapazitäten – insbesondere auf den Intensivstationen – war und ist immer abhängig davon, wie viel Fachpersonal zur Verfügung steht.» Und dieses sei schon vor der Pandemie sehr gefragt gewesen.
Das Universitätsspital Basel wiederum möchte Bersets Appell nicht kommentieren. Zu politischen Forderungen äussere man sich nicht, sagt Mediensprecherin Caroline Johnson. Sie hält aber fest: Das Spital sei vorbereitet. «Wir halten nach wie vor an unserem Eskalationskonzept fest. Und bei Bedarf wird das Dispositiv hochgefahren beziehungsweise mehr Kapazitäten geschaffen, wie bereits in der Vergangenheit.»
Verzögerung bei Spitaleintritten
Viele Spitäler beobachten derzeit einen Anstieg bei den Spitaleinweisungen, der sich aber noch nicht überall direkt auf die Intensivstationen auswirkt. Am Inselspital Bern etwa sagt der Leiter der Spitalhygiene, Philipp Jent: «Auf der Intensivstation sind die Zahlen im Moment noch gleichbleibend.» Dass man jetzt noch keinen Anstieg beobachte, kenne man aber bereits aus früheren Wellen. «Der Anstieg auf der Intensivstation kommt bei einer Welle immer etwas später.»
Alle sehen es kommen, aber man ist etwas hilflos, weil man nicht wirklich etwas dagegen unternehmen kann.
Das Kantonsspital Schaffhausen meldete diese Woche bereits einmal eine voll belegte Intensivstation. Der medizinische Direktor Markus Eberhard sagte, er rechne nun erneut mit einer stark steigenden Belastung. «Alle sehen es kommen, aber man ist etwas hilflos, weil man nicht wirklich etwas dagegen unternehmen kann.»
Diese Woche stellte der Bundesrat keine weiteren Massnahmen in Aussicht: Denn die Anzahl Spitaleinweisungen steige deutlich langsamer an als die Fallzahlen, erklärte der Gesundheitsminister am Vortag. Derzeit drohe daher keine Überlastung des Gesundheitssystems. Nächste Woche will der Bundesrat die Lage neu analysieren.