Worum geht es? Es handelt sich bei den Affenpocken um ein Virus, das Fieber, Kopfschmerzen sowie schmerzhafte Hautveränderungen verursacht; vor allem im Genitalbereich, an Rumpf, Armen und Beinen. Übertragen wird es hauptsächlich durch engen Körperkontakt, wie etwa beim Sex, aber auch durch Speichel und Tröpfchen und möglicherweise durch kontaminierte Kleidung, Bettwäsche oder Handtücher. Innerhalb weniger Monate haben sich die Affenpocken weltweit verbreitet.
Wie reagiert die WHO? Am Samstag hat die WHO den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Die «Notlage von internationaler Tragweite», wie sie WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus nannte, ist die höchste Alarmstufe der WHO. Dies soll die Dringlichkeit ausdrücken. Ghebreyesus begründet den Entscheid damit, dass die Verbreitung des Virus inzwischen Dutzende Länder betrifft. Dies ist ungewöhnlich. Bisher waren Ausbrüche vor allem auf Afrika beschränkt.
Wie gefährlich ist die Lage? «Es kommt darauf an, womit man sie vergleicht», sagt Christian von Burg von der SRF-Wissenschaftsredaktion. Im Vergleich zur Corona-Pandemie sei die Verbreitung der Affenpocken ungleich harmloser. «Es braucht intensiven Körperkontakt zur Übertragung, Aerosole reichen nicht. Es gibt bisher auch wenige Hospitalisationen und kaum Tote.»
Wer ist besonders gefährdet? Betroffen seien in der Schweiz, zumindest bisher, fast nur Männer, die sexuelle Kontakte zu Männern haben. Die Ausrufung des Notstandes war denn auch innerhalb der WHO umstritten, wie von Burg erklärt: «Denn sie will die Diskriminierung, die durch die Ausrufung dieses Notstandes möglich ist, eigentlich möglichst verhindern.» Das habe die WHO ein Stück weit in ein Dilemma gebracht.
In den USA zum Beispiel sind jetzt erstmals auch zwei Kinder erkrankt.
Aus wissenschaftlicher Sicht sei aber auch klar, so von Burg: «Die Affenpocken haben sich verändert, sie könnten sich auch weiter verändern. Und potenziell sind auch alle anderen bedroht. Das Virus kann sich durchaus auch in die heterosexuelle Community verlagern. In den USA zum Beispiel sind jetzt erstmals auch zwei Kinder erkrankt.»
Was tun die Länder? Bei der Ausrufung des Gesundheitsnotstandes handelt es sich um eine Art Weckruf an die Regierungen, die Affenpocken trotz allem ernst zu nehmen und allenfalls etwas zu unternehmen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist allerdings noch zurückhaltend. «Beim Departement des Innern hat man die Dringlichkeit des Themas bisher wohl unterschätzt», glaubt der SRF-Wissenschaftsredaktor.
Es werde zwar durchaus intensiv über das Thema diskutiert, mögliche Szenarien würden entworfen. «Doch die Informationen für die breite Bevölkerung über das, was man macht oder eben auch nicht macht oder noch nicht macht, fliessen derzeit aussergewöhnlich spärlich.»
Nach meiner Einschätzung macht die Schweiz bei der Affenpockenprävention bisher keine gute Figur.
Wie steht es um den Impfschutz? Die Impfung gegen die normalen Pocken hilft auch gegen die Affenpocken. In der Schweiz gibt es bisher allerdings nicht einmal den Antrag auf eine Zulassung dieses Impfstoffs.
Das führe dazu, dass schwule Schweizer nach Deutschland fahren, um sich dort impfen zu lassen, so von Burg. «Ich denke, die Impfung der schwulen und anderen sexuell aktiven Männer muss jetzt auch in der Schweiz ein grösseres Thema werden. Nach meiner Einschätzung macht die Schweiz bei der Affenpockenprävention bisher keine gute Figur und deshalb scheint mir dieser Weckruf der WHO durchaus angebracht.»