Die grossen Augen, der intensive, direkte Blick und der Kurzhaarschnitt: Die Porträts der jungen Liselotte Moser zeigen eine moderne Frau. Die Bilder sind um 1930 entstanden. «Ihre Selbstporträts haben eine unglaubliche Frische und etwas sehr Zeitgenössisches», findet Jana Bruggmann, Kuratorin des Nidwaldner Museums. «Man könnte sie auch an einer Kunsthochschule als Abschlussarbeit einer gegenwärtigen Künstlerin antreffen.»
Die eindrücklichen Porträts sind – wie das ganze Werk Liselotte Mosers – tief im Archiv des Nidwaldner Museums in Vergessenheit geraten. Dank Jana Bruggmann, der Kuratorin des Museums, wurden sie ausgegraben und werden nun in einer Ausstellung im Winkelriedhaus in Stans gezeigt.
Die Kuratorin stiess zufällig in der Sammlung des Museums auf ein Bild der Künstlerin. Der Name Liselotte Moser sagte ihr nichts und sie fing an, zu recherchieren. Ans Tageslicht kam eine faszinierende Biografie einer vergessenen Künstlerin, die ein Leben zwischen Luzern, Detroit und Stans führte.
Karriere in Amerika
Liselotte Moser wurde 1906 in Luzern geboren. 1911 erkrankte sie an Kinderlähmung und war fortan zeitlebens an einen Gehstock gebunden. Ihr Traum war es, ein Leben als Künstlerin zu führen, dafür studierte sie unter anderem in Wien. Als 21-jährige folgte Liselotte Moser ihrer Mutter Adèle Coulin Weibel nach Amerika. Ihre Mutter war zur ersten Kuratorin der neu eingerichteten Textilabteilung am Detroit Institute of Arts ernannt worden.
Es war für sie eine wunderbare Zeit, in der sie viel Ankerkennung erfahren hat.
In Detroit nahm Mosers Karriere als Künstlerin Fahrt auf. «Es war für sie eine wunderbare Zeit, in der sie viel Ankerkennung erfahren hat und ein gutes Netzwerk pflegen konnte», sagt Jana Bruggmann. Ihre Bilder zeigen häufig den Blick aus dem Fenster. «Weil sie wegen der Kinderlähmung nicht sehr mobil war, hat sich der Blick aus dem Fenster aus unterschiedlichen Perspektiven als Motiv angeboten.»
38 Jahre lebte Liselotte Moser in Detroit. Mit dem Tod der Mutter fand die Zeit in Amerika ein jähes Ende. Die Künstlerin beschloss, mit 58 Jahren in die Schweiz zurückzukehren. Ein einschneidender Entscheid: Gab es zu ihrem Abschied in Detroit noch eine grosse Retrospektive über ihr Schaffen, lebte sie fortan in der Schweiz ein unbeachtetes Künstlerinnenleben.
In der Schweiz weitgehend unbeachtet
Es verschlug Liselotte Moser ins ländliche Stans, wo sie damit haderte, dass sie in der Schweiz als Künstlerin kaum wahrgenommen wurde. Aber: «Liselotte Moser war nicht mehr die Jüngste. Es war damals nicht einfach, in dem Alter eine künstlerische Karriere an einem neuen Ort aufzubauen», erklärt Jana Bruggmann. Trotzdem malte sie weiter – wieder mit dem Blick aus dem Fenster. Der Pilatus war ihr beliebtestes Motiv.
In Stans lebte Liselotte Moser ein ziemlich zurückgezogenes Leben. Einsam war sie dennoch nicht. Bei ihren Recherchen für die Ausstellung konnte Jana Bruggmann mit Zeitzeugen reden und fand durch diese auch Postkarten, Briefe und Tagebücher der Künstlerin: «Sie hatte durchaus Kontakt mit der Nachbarschaft und brachte den Kindern zum Beispiel Schach bei.» Und: Auch die amerikanischen Gepflogenheiten legte sie nicht ganz ab. So liess sie sich anscheinend als «Miss Moser» ansprechen und pflegte bis zu ihrem Tod 1983 viele Bekanntschaften im In- und Ausland.
Mit der Ausstellung im Winkelriedhaus in Stans will man die verpasste Anerkennung der Künstlerin Liselotte Moser posthum nachholen.