Künftig sollen in der Schweiz sehr viel mehr Windräder stehen als heute. Denn der Bund will bis 2050 sieben Prozent des Stroms mit Windenergie abdecken. Um dieses Ziel zu erreichen, bräuchte es in der Schweiz 760 Windturbinen – heute stehen deren 41.
Derzeit sind die Kantone dabei, mögliche Standorte auszuloten. In den Gemeinden regt sich indessen bereits Widerstand.
Als erste Gemeinde hat der Thurgauer Ort Thundorf entschieden, dass nur dann Windräder gebaut werden können, wenn diese mindestens 850 Meter Abstand einhalten zum Wohngebiet. Am Mittwochabend hat nun auch die Zürcher Gemeinde Hagenbuch – östlich von Winterthur gelegen und ganz in der Nähe von Thundorf – einen Mindestabstand festgelegt.
Zu laut und zu teuer
Die Zürcher SVP-Nationalrätin und ehemalige Gemeindepräsidentin von Hagenbuch, Therese Schläpfer, hatte einen Abstand von 700 Metern vorgeschlagen. Dieser wurde im Laufe der Gemeindeversammlung sogar auf 1000 Meter erhöht.
Die Hagenbucherinnen und Hagenbucher fürchteten sich davor, die Windräder seien zu laut, zu teuer und könnten nicht effizient betrieben werden. Zudem würde damit die Landschaft verschandelt.
So kann niemand sagen, wir hätten nichts dagegen unternommen.
«Die Bevölkerung hat deutlich gezeigt, dass sie hier keine Windräder will», sagte Therese Schläpfer nach der Versammlung. Deshalb wolle die Gemeinde ein Signal aussenden, solange dies noch möglich sei – also noch bevor Regelungen auf nationaler und kantonaler Ebene bestehen.
Oder wie es eine Teilnehmerin der Gemeindeversammlung formulierte: «So kann niemand sagen, wir hätten nichts dagegen unternommen.» Es sei wichtig, dass der Kanton wahrnehme, dass Hagenbuch nicht einfach alles mit sich machen lasse.
Bei der Baudirektion des Kantons Zürich habe man den Widerstand aus Hagenbuch zur Kenntnis genommen, sagt der Sprecher Dominik Bonderer. Der Kanton muss nun prüfen, ob die Regelung, die Hagenbuch in die Bau- und Zonenordnung der Gemeinde schreiben will, konform ist mit übergeordnetem Recht. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte der Kanton das Bestreben von Hagenbuch noch kippen.
Grundsätzlich will der Zürcher Baudirektor Martin Neukom (Grüne) das Bewilligungsverfahren für Windenergieanlagen beschleunigen – ein Unterfangen, das auch das nationale Parlament unterstützt. Er rechnet damit, dass 2030 die erste Zürcher Windanlage stehen wird.
Auf dem ganzen Kantonsgebiet hat die Baudirektion im vergangenen Herbst 46 Gebiete definiert, wo insgesamt 120 Windräder entstehen könnten. In der Gemeinde Hagenbuch gibt es gleich zwei möglich Windkraftgebiete.
Windparks seien beliebt bei Spaziergängern
Die Ängste rund um die Windturbinen, wie sie in Hagenbuch vorhanden sind, seien typisch für Gebiete ohne Erfahrung mit Windenergie, sagt Anita Niederhäusern, Sprecherin von Suisse Eole, dem Branchenverband der Schweizer Windenergie.
In Regionen, in denen man die Technologie bereits kenne, sei man dieser gegenüber viel offener eingestellt: «Die meisten sind erstaunt, dass die Windenergieanlagen gar keinen Lärm machen – und die bestehenden Windparks wurden oft zu regelrechten Anziehungspunkte für Spaziergänger.»
Anita Niederhäusern sieht den aufkeimenden Widerstand in Gemeinden wie Thundorf oder Hagenbuch kritisch. Denn sollten die Firmen tatsächlich an solch hohe Mindestabstände gebunden sein, wäre es nicht mehr möglich, Windanlagen zu bauen.