Etwas mehr als eine von hundert Wohnungen in der Schweiz steht leer – der Leerwohnungsbestand beträgt derzeit 1.3 Prozent. Von einer akuten Wohnungskrise könne man da nicht sprechen, sagt Martin Tschirren, Direktor des Bundesamtes für Wohnungswesen. Noch nicht. «Die Perspektiven sehen allerdings nicht sehr rosig aus.»
Schon bald droht eine Wohnungsnot
Schon in wenigen Jahren könnten in der Schweiz 50'000 Wohnungen fehlen, sagt der Amtsdirektor. Gemäss Prognosen von verschiedenen Immobilien-Beobachtungsfirmen könnte die Leerwohnungsziffer schon 2026 unter 0.5 Prozent fallen. «Das wäre eine schlimmere Situation als Anfang der 1990er-Jahre», betont Tschirren.
Versäumnisse in den letzten Jahren hätten zu dieser Situation geführt, sagt Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy, der im Vorstand des Hauseigentümerverbands sitzt. «Man hat es nicht geschafft, für genügend Zubau zu sorgen.»
Amtsdirektor Tschirren bestätigt dies. Die Zahl der Baubewilligungen sei in den letzten sieben Jahren um fast ein Drittel zurückgegangen, rechnet er vor.
Bauland ist kaum mehr bezahlbar
Hier bräuchte es also eine Trendumkehr. Der Verband «Wohnbaugenossenschaften Schweiz» propagiert dazu den gemeinnützigen Wohnungsbau.
Er sei nicht nur günstiger, sondern brauche auch weniger Wohnfläche pro Kopf als bei herkömmlichen Wohnungen, sagt Manuela Weichelt, die im Vorstand des Verbandes sitzt. Allerdings gebe es da ein Problem, so die grüne Nationalrätin.
Es sei praktisch kein bezahlbares Bauland mehr zu finden. Deshalb sollte man darüber diskutieren, ob Städte und Gemeinden ein Vorkaufsrecht erhalten und der Bund einen Fonds für Landkauf einrichten sollten. «Sonst ist es völlig unrealistisch, dass der gemeinnützige Wohnungsbau weitergeführt werden kann», so Weichelt.
Muss der Staat eingreifen?
Der Direktor des Bundesamts für Wohnungswesen erinnert daran, dass der Bund bis in die Nullerjahre ein Wohnbauförderungsprogramm betrieben hatte. «Die Frage, ob man wieder in Richtung direkter Wohnbauförderung gehen will, muss die Politik beantworten», sagt Tschirren.
Für Hauseigentümervertreter Bregy ist staatliche Förderung von Wohnbaugenossenschaften allerdings kein adäquates Mittel. Er habe nichts gegen Wohnbaugenossenschaften, betont Bregy. «Sie sollten aber privat finanziert sein.» Der Staat solle keinesfalls zu stark in den Wohnmarkt eingreifen.
Es muss wohl bald etwas unternommen werden
Da kann Weichelt vom Verband «Wohnbaugenossenschaften Schweiz» nur den Kopf schütteln. Es sei schlichtweg eine Illusion, dass Private freiwillig auf Profit verzichteten und ihr Land zu einem Preis abgeben würden, zu dem man noch günstigen Wohnungsbau betreiben könnte.
Auch der Hauseigentümerverband hat Vorstellungen, wie der Wohnungsbau in den nächsten Jahren wieder forciert werden kann: Er möchte bei den Baubewilligungen ansetzen. «Man muss die Beschwerde- und Einsprachemöglichkeiten abbauen. Es muss wieder attraktiv sein, Wohnungen zu bauen», sagt Verbandsvertreter Bregy.
Ideen sind also durchaus vorhanden. Klar ist: Das Parlament dürfte sich in den kommenden Jahren wieder intensiver mit Wohnbaufragen beschäftigen müssen.