Ob im Restaurant oder im Hotel: Aufgrund des derzeitigen Personalmangels in der Gastrobranche ist jede Hilfe willkommen – selbst von Quereinsteigerinnen. Dies macht sich nun ein Luzerner Pilotprojekt zunutze: In einem neuen zehnwöchigen Lehrgang werden Frauen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, aufs hiesige Gastgewerbe fit getrimmt.
Vom Bergwerk ins Fünf-Sterne-Hotel gewechselt
Für manche ist das ein kompletter Seitenwechsel: In der Heimat arbeiteten die Frauen beispielsweise im Verkauf, im Marketing oder im Bergwerk. Nun lassen sie sich unter anderem im Stadtluzerner Fünf-Sterne-Hotel Schweizerhof in die Zimmerreinigung einführen.
Marjorie Bucher, die den Bereich Hauswirtschaft leitet, erklärt drei Ukrainerinnen gerade die Logik der Putzlappen: rosa fürs WC, gelb fürs Lavabo, blau zum Abstauben. Das Bett soll am Ende knitterfrei daherkommen, die Minibar will gefüllt sein.
Marjorie Bucher lobt die Frauen: «Sie sind sehr motiviert. Natürlich fehlen ihnen noch etwas Feinfühligkeit und gewisse Skills.» Etwa, beim Betten auf die Knie zu gehen, um den Rücken zu schonen. «Aber das kommt schon noch.»
Wir können eigentlich nur gewinnen.
Das Hotel Schweizerhof ist einer von sechs Betrieben aus der Gastroszene, die am Pilotprojekt teilnehmen. Aus Solidarität, aber auch wegen des ausgetrockneten Arbeitsmarktes. «Unsere Hoffnung ist es, dass wir helfen können. Einen Beitrag leisten dürfen, damit es den Betroffenen besser geht», sagt Cécile Iten, Mitglied der Geschäftsleitung. Und wer weiss, vielleicht bleibe die eine oder andere ja der Branche erhalten. «Wir können eigentlich nur gewinnen.»
Schritt für Schritt zur perfekten Bewerbung
Das theoretische Rüstzeug für den Berufseinstieg erhalten die Ukrainerinnen im Hotel-Restaurant Sonnenberg in Kriens. Das Drei-Sterne-Haus fungiert seit 2007 als Ausbildungs- und Integrationsprojekt mit dem Ziel, Menschen wieder in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern.
Auf dem Sonnenberg hoch über dem Luzerner Seebecken lernen die Ukrainerinnen unter anderem, was ins Bewerbungsdossier gehört, wie ein Lebenslauf daherkommen soll oder worauf es beim Bewerbungsfoto zu achten gilt. Shooting inklusive.
Ich bin nun schon einige Monate hier und würde gerne arbeiten.
Die Lektionen lassen die insgesamt zwölf Ukrainerinnen zwischen 20 und 50 Jahren Hoffnung schöpfen. «Der Kurs ist sehr interessant und wichtig für mich, um eine Stelle zu finden», sagt Inna Podbutska, eine der Teilnehmerinnen, die früher in einem Bergwerk gearbeitet hat. «Ich bin nun schon einige Monate hier und würde gerne arbeiten.»
Ukrainerinnen erhalten über 300 Stunden Ausbildung
Für das Pilotprojekt wird kein Aufwand gescheut: Über 300 Stunden lang werden die Frauen ausgebildet. Die Kosten dafür teilen sich die beiden Verbände Luzern Hotels und Gastro Luzern, die teilnehmenden Betriebe sowie Stiftungen.
Lanciert hat das Projekt Ron Prêtre, Personalchef des Hotels Sonnenberg – und dies, obwohl niemand weiss, wie lange die Ukrainerinnen mit Schutzstatus S in der Schweiz bleiben. Nimmt er damit nicht ein gewisses Risiko in Kauf? Prêtre winkt ab. «Die Gastronomie braucht Personal. Wir sind froh, wenn wir Leute haben, die einen Tag, eine Woche, einen Monat arbeiten kommen. Ich sehe hier kein Risiko.»
Wir sind froh, wenn wir Leute haben, die einen Tag, eine Woche, einen Monat arbeiten kommen.
Er hoffe, dass die zehn Wochen ausreichen, um den Frauen zu einem Job zu verhelfen. «Und sollten sie sich für eine Rückkehr entscheiden, können sie das Gelernte sicher auch in der Ukraine brauchen.»