Eine neue Studie geht davon aus, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Spitäler jährlich über eine Milliarde Franken zu viel verrechnen. Die Höhe der Berechnung wird von der Ärzteschaft zwar angezweifelt, klar ist aber: Es handelt sich um viel Geld, das zu Unrecht verrechnet wird.
Was können Patientinnen und Patienten gegen den Missstand unternehmen? Mario Fasshauer von der Patientenstelle Zürich sagt, Patientinnen und Patienten könnten sich wehren. Doch wichtiger wäre eine Änderung des Systems.
SRF News: Eine Milliarde Franken, die pro Jahr zu viel verrechnet wird – können Sie die Höhe dieser Zahl nachvollziehen?
Mario Fasshauer: Das Ausmass der Überverrechnungen erstaunt mich nicht wirklich. Seitens der Patientenstellen fordern wir seit Jahren mehr Transparenz und Kontrolle im Abrechnungsverkehr zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen. Es sollte Mechanismen geben, die eine genaue und gerechte Abrechnung gewährleisten, um Überverrechnungen zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel auch verbesserte Prüfungsprozesse wie der Einbezug der Patientinnen und Patienten, die am besten bewerten können, welche Leistungen sie selbst bezogen haben.
Stellen Sie sich ein ähnlich kompliziertes System vor, wenn der Handwerker oder die Handwerkerin ihre Rechnungen so verfassen würden.
Medizinische Rechnungen sind für Laien oft schwierig zu interpretieren. Warum sind die Rechnungen eigentlich so kompliziert?
Das müssen Sie die ärztlichen Fachverbände und die Leistungsversicherer fragen. Wir fordern seit Jahren, dass die Rechnungskopie für Patientinnen und Patienten so verfasst werden, dass diese auch leicht überprüfbar sind. Stellen Sie sich ein ähnlich kompliziertes System vor, wenn der Handwerker oder die Handwerkerin ihre Rechnungen so verfassen würden.
In der heutigen Digitalisierung sollte eine simplifizierte Rechnung möglich sein, umso mehr, wenn wir als gesamte Gesellschaft einen Vorteil davon hätten, wenn nur die Leistungen abgerechnet werden, die auch erbracht wurden.
Wenn ich überzeugt bin: Hier ist etwas falsch abgerechnet worden. Was kann ich dann tun?
Wenn Sie Zweifel an einer Krankenkassenrechnung haben – zum Beispiel, weil Sie den abgerechneten Facharzt nie gesehen haben oder die Behandlungsdauer zu lang erscheint – empfiehlt es sich zunächst, die Rechnung genau zu überprüfen und diese mit Ihren eigenen Aufzeichnungen abzugleichen. Sollten dabei Unstimmigkeiten auffallen, ist der nächste Schritt, den betreffenden Arzt oder die Einrichtung direkt zu kontaktieren, um eine Klärung zu erreichen. Bleiben Fragen bestehen, können Sie sich an Ihre Krankenkasse wenden und dort Einspruch einlegen. Es ist hilfreich, Ihre Bedenken schriftlich zu formulieren und durch entsprechende Belege zu untermauern.
Beratungsstellen in den Kantonen
Falls notwendig, suchen Sie unabhängige Beratung, beispielsweise bei einer Patientenorganisation wie die Patientenstellen, die Sie in diesem Prozess unterstützen können.
In der Schweiz gibt es klare rechtliche Rahmenbedingungen, die den Schutz der Patientenrechte gewährleisten.
Viele Patientinnen und Patienten befürchten Repressionen, wenn sie sich wehren – durch den Arzt, das Spital oder die Krankenkasse. Zurecht?
Es ist verständlich, dass Patientinnen und Patienten Bedenken haben könnten, wenn sie sich bei Unstimmigkeiten beschweren. Diese Sorge ist allerdings in den meisten Fällen unbegründet. In der Schweiz gibt es klare rechtliche Rahmenbedingungen, die den Schutz der Patientenrechte gewährleisten. Negative Konsequenzen, beispielsweise hinsichtlich der weiteren medizinischen Behandlung, sind überwiegend unbegründet.
Das Gespräch führte Matthias Schmid.