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Ärztinnen und Ärzte verrechnen eine Milliarde zu viel
Aus 10 vor 10 vom 09.04.2024.
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Studie zu Gesundheitskosten In Spital und Praxis: 1 Milliarde Franken wird zu viel verrechnet

Viele Kosten, wenig Transparenz. Bei falschen Rechnungen gibt es ein enormes Sparpotential.

Ein schmerzendes Knie. Ein kurzer Besuch bei der Hausärztin. Und dann eine MRI-Untersuchung in der «Röhre». Als Patient ist es schwierig, die Leistung dieser Behandlung einzuordnen, geschweige deren Kosten abzuschätzen.

«Wir sprechen von 10 bis 15 Prozent der Leistungen im ambulanten Bereich, die zu Unrecht fakturiert werden. Auf die Branche hochgerechnet, sind dies eine Milliarde Franken», sagt Larisa Petrov. In ihrer Doktorarbeit hat sie die zu hohe Rechnungsstellung durch Ärztinnen und Ärzte sowie Spitäler untersucht.

So wurden die Kosten analysiert

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Larisa Petrovs Doktorarbeit Weiterentwicklung der Wirtschaftlichkeitskontrolle nach KVG bezieht sich insbesondere auf die Kontrollen der Krankenversicherer in der Schweiz. Ziel ist die Untersuchung unwirtschaftlicher Behandlungen beziehungsweise der systematischen Fakturierung von nicht erbrachten Leistungen oder das sogenannte «Upcoding».

In den untersuchten Gebieten, wie beispielsweise der Radiologie, beträgt der Anteil ungerechtfertigter Kosten laut Studienergebnis 10 bis teilweise 15 Prozent. Es handelt sich dabei um Leistungen unter der Tarifstruktur Tarmed, die zur Abrechnung von ambulanten ärztlichen Leistungen in Arztpraxen und Spitälern mittels Einzelleistungstarif dient.

In der Dissertation werden die Tarifanwendungen der Leistungserbringer bei komplikationslosen Standardbehandlungen wie einer MRI-Untersuchung verglichen. So können auffällige Tarifanwendungen identifiziert werden.

Studienautorin Larisa Petrov hat die Untersuchung begleitend zu ihrer Tätigkeit als Juristin bei der Helsana Versicherung durchgeführt. Aktuell ist sie Leiterin der Rechtsabteilung beim Beratungsunternehmen Blacklight Analytics.

«Hochgerechnet, ist das Sparpotenzial enorm», so Petrov. Sie betont aber, dass die meisten Leistungserbringer korrekt abrechnen. Es geht also nur um einige wenige Kostentreiber.

Ein typisches Beispiel: das Knie

«In der Radiologie beispielsweise beobachten wir bei der Standardbehandlung Knie MRI, dass die persönliche Betreuung durch den Facharzt systematisch fakturiert wird, obwohl der Patient diesen in den meisten Fällen gar nicht zu Gesicht bekommt», erklärt Petrov.

Als Patientin bin ich eher weniger gewillt, das Vertrauensverhältnis aufs Spiel zu setzen.
Autor: Larisa Petrov Juristin

Die Patienten seien in einer sehr schwierigen Lage: «Letztlich sind sie die Leidtragenden. Angenommen, ein Facharzt hat 15 Minuten zu viel verrechnet – da bin ich als Patientin eher weniger gewillt, das Vertrauensverhältnis aufs Spiel zu setzen.»

Wie kann ich meine Rechnungen kontrollieren?

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Legende: Imago/Pond5Images

Patientinnen und Patienten können ihre Arzt- oder Spitalrechnungen teilweise selbst kontrollieren. Präsenzzeiten oder die Menge an Medikamenten lassen sich oft auch ohne Fachwissen überprüfen. Bei Unklarheiten sollten sich Betroffene zunächst an die entsprechende Gesundheitsfachperson oder Spitaleinrichtung wenden. Führt dies zu keiner Lösung, stehen in den Kantonen verschiedene Beratungsstellen zur Verfügung.

> Hier finden Sie Angebote in den Kantonen (BAG)

Wie dem Kostenwachstum entgegenwirken? «Eine Möglichkeit ist das Setzen von Anreizen in Form von Pauschalen bei sehr homogenen Behandlungen, wie das beispielsweise auch in der Augenmedizin gemacht wird», meint Petrov. «Weiter könnten die retrospektiven Kontrollen flächendeckend durchgeführt werden.» Die dritte Variante wäre eine Sensibilisierung der Patientinnen und Patienten. Hier müsse man aufpassen, dass man nicht die Last auf die Patienten übertrage.

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Larisa Petrov über die wichtigsten Erkenntnisse ihrer Studie
Aus News-Clip vom 09.04.2024.
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«Die Kontrollen sind sehr aufwendig», sagt Petrov. Aber: «Dank der Digitalisierung ist es heute möglich, die Daten der Krankenversicherer systematisch aufzuarbeiten und zu analysieren. Neu ist es auch möglich, Leistungserbringer zu identifizieren, die im Zusammenhang mit einer bestimmten Behandlung einzelne Leistungen systematisch und ungerechtfertigt in Rechnung stellen.» Einige Krankenversicherer wendeten diese systematischen Kontrollen bereits an.

In der Missbrauchsbekämpfung konnten wir im letzten Jahr ungefähr 36.5 Millionen korrigieren.
Autor: Dieter Siegrist Leiter Wirtschaftlichkeitsprüfung, CSS

«Insgesamt spricht man von zehn Prozent der Leistungen, die nicht korrekt sind», sagt auch Dieter Siegrist, Leiter der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Krankenkasse CSS. «Wir konnten im letzten Jahr bei einer Kontrolle von 23.5 Millionen Rechnungen 797 Millionen Franken korrigieren.» Jedoch beinhalte dies ebenfalls falsche oder doppelte Rechnungen. «In der Missbrauchsbekämpfung konnten wir im letzten Jahr ungefähr 36.5 Millionen korrigieren», so Siegrist. Sein Team wurde zuletzt deutlich aufgestockt.

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Dieter Siegrist über einen schwerwiegenden Missbrauchsfall
Aus 10 vor 10 vom 09.04.2024.
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Urs Stoffel, Mitglied des Zentralvorstandes der Schweizer Ärztevereinigung FMH und Tarifspezialist, stellt die Methodik und Hochrechnung der Studie infrage. «Auf die ganze Branche gerechnet, bezweifeln wir die 10 bis 15 Prozent stark.»

Die Entwicklung der Gesundheitskosten

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Jedes Jahr steigen die Kosten von medizinischen Leistungen und Produkten pro Person um vier Prozent. Laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind seit 1996, als das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) in Kraft getreten ist, die Kosten der Grundversicherung von 12 auf 37.7 Milliarden Franken im Jahr 2022 angewachsen.

Nach 2018 konnte der Anstieg zwischenzeitlich gedämpft werden. 2024 gehen die Prämien laut BAG wiederum 8.7 Prozent hoch. Hauptgrund hierfür seien die steigenden Gesundheitskosten – unter anderem durch häufigere Arztbehandlungen, ambulante Spitalleistungen und die häufigere Verschreibung von teureren Medikamenten.

Mag man sich über die genaue Zahl vielleicht nicht einig sein, dem Tricksen bei der Abrechnung wollen aber wohl die meisten Einhalt gebieten. Denn: «Die einzelnen Leistungserbringer, die falsch abrechnen, bereichern sich zulasten ihrer Fachkollegen und zulasten der Allgemeinheit», so Petrov.

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Archiv: Ärzte und Spitäler verlangen zu viel für ihre Dienstleistungen
Aus Kassensturz vom 24.10.2023.
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10vor10, 09.04.2024, 21:50 Uhr ;kobt

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