Die Krankenkassenprämien steigen und steigen. Seit diesem Jahr bezahlt die Schweizer Bevölkerung über acht Prozent mehr. Immer mehr Menschen können diese Prämien nicht mehr bezahlen und sind auf Prämienverbilligungen durch die öffentliche Hand angewiesen. Auch die Chefin der CSS, der grössten Krankenkasse in der Grundversicherung, Philomena Colatrella, zeigt sich besorgt.
Ein Wundermittel dagegen sehe sie zwar nicht. Sie hofft aber, dass die laufenden Reformen – wie die einheitliche Entschädigung von ambulanten und stationären Leistungen und die Reform der Tarife – die Kosten in den nächsten Jahren dämpfen.
Wenn die Kostentreiber ermittelt werden können, kann entsprechend der Katalog der Leistungen, die die Krankenkassen übernehmen, angepasst werden.
Gleichzeitig bedauert sie, dass das Potenzial der Digitalisierung zu wenig genutzt werde: Die Daten, die digital vorhanden seien, bei Ärztinnen und Ärzten und Spitälern, müssten verknüpft werden mit denjenigen der Krankenkassen. «Wenn man es richtig macht, hilft das natürlich, die Überversorgung und die Fehlversorgung zu identifizieren.» So könnte Transparenz geschaffen werden darüber, wer welche Behandlungen bei einem Patienten oder einer Patientin vorgenommen hat.
Kostentreiber dank mehr Transparenz ermitteln
Bislang sei nämlich nur ungenügend klar, welche Eingriffe die Kosten unnötig in die Höhe treiben. Um mehr Transparenz herzustellen, müssten die Daten von Leistungserbringern und Versicherern verknüpft werden, fordert Philomena Colatrella. «Wenn die Kostentreiber ermittelt werden können, kann entsprechend der Katalog der Leistungen, die die Krankenkassen übernehmen, angepasst werden.»
Die Datenhoheit bleibt immer bei den Patienten.
Wichtig sei, das betont Philomena Colatrella, dass die Kontrolle der neuen Datenschnittstellen beim Bund sei, denn nur so könne der Datenschutz gewährleistet werden. «Die Datenhoheit bleibt immer bei den Patienten.»
Kritik an aktuellem elektronischen Patientendossier
Der Bund arbeitet unter dem Titel Digisanté daran, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben. Die Chefin der CSS bedauert allerdings, dass dies nicht schon lange geschehen ist. Sie ist skeptisch, dass die für das Projekt eingesetzten 400 Millionen Franken tatsächlich zielgerichtet verwendet werden.
Das aktuelle elektronische Patientendossier hat zu wenig Funktionialitäten, die für Patientinnen und Patienten aber auch für Ärztinnen und Ärzte interessant sind.
Zum Beispiel das elektronische Patientendossier, dessen Verbreitung vorangetrieben werden soll, sei heute noch nicht gut genug konstruiert: «Das aktuelle elektronische Patientendossier hat zu wenig Funktionalitäten, die für Patientinnen und Patienten aber auch für Ärztinnen und Ärzte interessant sind.»
Daten sammeln – nur so viel wie nötig
Richtig angelegt, könnte auch das elektronische Patientendossier die Kosten im Gesundheitswesen dämpfen, ist die CSS-Chefin überzeugt. Heute würden Beschwerden und Krankengeschichte immer mehrfach erfragt und aufgezeichnet. Dabei gehe wichtige Zeit, aber oft auch Information verloren.
Wichtig sei gleichzeitig, dass nicht einfach wahllos Daten gesammelt würden, sondern nur diejenigen Daten, die effektiv nötig seien zum Zeitpunkt, an dem in einer Krankengeschichte eine Entscheidung gefällt werden müsse. Hier hofft Philomena Colatrella, dass das laufende Projekt noch angepasst wird.