Fünf Wochen vor der Präsidentenwahl in den USA droht ein Hafenarbeiter-Streik den amerikanischen Aussenhandel durcheinanderzubringen. Mehrere Zehntausend Gewerkschaftsmitglieder legten in vielen Häfen der US-Ostküste die Arbeit nieder, wie US-Medien berichteten.
Über die Ostküsten-Häfen wird rund die Hälfte des Containerumschlags im US-Aussenhandel abgewickelt. Betroffen vom Streik ist unter anderem einer der grössten Häfen der USA, jener von New York und New Jersey.
Vielfältige Im- und Exportbereiche betroffen
Damit werden alle Warenströme, von Lebensmitteln über Bekleidung bis zu Autotransporten blockiert, was die US-Wirtschaft täglich Milliarden Dollar kosten könnte. Befürchtet werden Lieferengpässe und höhere Preise für Konsumenten in den USA.
Und nicht zuletzt stehen auch Arbeitsplätze auf dem Spiel. «Allein in New York sind jetzt wohl an die 100'000 Container gestrandet. Die Bevölkerung wird das spüren», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann.
Wenn der Streik innert einer Woche beendet wird, bleiben die Folgen überschaubar. Doch wenn es länger dauert, könnten die weltweiten Lieferketten unterbrochen werden.
Dem «Wall Street Journal» zufolge verlangt die Gewerkschaft International Longshoremen’s Association (ILA) Lohnerhöhungen im Umfang von 77 Prozent über eine Laufzeit von vier Jahren für ihre 45'000 Mitglieder. Es gehe darum, die Inflation auszugleichen, sagt die ILA.
Die Arbeitgeber boten zuletzt 50 Prozent Lohnerhöhung, worauf die Gewerkschaft nicht einging und den Streik per 1. Oktober ausrief. Eine weitere zentrale Forderung der Arbeitnehmer sind Schutzmassnahmen gegen Automatisierung, die zu Jobverlusten führen könnte.
US-Regierung ruft zu Einigung auf
Das Weisse Haus hatte die Gewerkschaft ILA und die Arbeitgeber-Vertretung USMX gedrängt, zu einer Einigung zu kommen. Doch die Administration von Präsident Joe Biden hat wiederholt ausgeschlossen, im Falle eines Scheiterns die Bundesbefugnisse zur Beendigung eines Streiks zu nutzen. Gemäss dem Taft-Hartley-Gesetz von 1947 hat der US-Präsident das Recht, gewisse Streiks zu unterbinden.
Viele grössere Einzelhändler haben seit längerem mit einer möglichen Konfrontation zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern gerechnet und ihre Waren schon frühzeitig in die USA importiert. So versuchen sie, streikbedingte Störungen zu vermeiden. Das sorgt allerdings für zusätzliche Kosten für Versand und Lagerung.
Bald steht Halloween an und kurz darauf der Black Friday, der das Weihnachtsgeschäft lanciert.
Streik dürfte viele Produkte verteuern
Andere Importeure lassen ihre Waren nun an die US-Westküste liefern. Und wieder andere setzen – etwa für verderbliche Lebensmittel – auf Luftfracht. «Das allerdings macht die Produkte am Ende teurer», sagt Wirtschaftsredaktor Ammann.
Sollte der Streik länger andauern, könnte er sogar weltweite Folgen haben. «Wenn er innert einer Woche beendet wird, bleiben die Folgen überschaubar. Doch wenn es länger dauert, könnten die weltweiten Lieferketten unterbrochen werden – und auch europäische und Schweizer Unternehmen betroffen sein», so Ammann.