Das Wichtigste in Kürze
- Die Abhängigkeit von China kann Schweizer Unternehmen in Bedrängnis bringen.
- In Spitälern kam es 2017 zu Engpässen mit Antibiotika, weil Wirkstoffe aus China fehlten.
- Photovoltaik-Grosshändler kämpfen mit langen Lieferfristen für Solarpanels.
- Stahl Gerlafingen muss enorme Preissteigerungen bei Elektroden aus China hinnehmen.
«Ich bin der Meinung, dass wir in der Lage sein müssen, strategische Güter, die wir für die industrielle Produktion benötigen, in der Schweiz herzustellen.» Das sagt Daniel Aebli, Geschäftsführer von Stahl Gerlafingen. Seine Mahnung hat einen Grund: Stahl Gerlafingen musste letztes Jahr zehn Mal höhere Preise für Graphit-Elektroden aus China akzeptieren.
Ich bin der Meinung, dass wir in der Lage sein müssen, strategische Güter, die wir für die industrielle Produktion benötigen, in der Schweiz herzustellen.
Statt 1500 Franken kostete eine Tonne Graphit-Elektroden auf einen Schlag 20'000 Franken. Graphit-Elektroden braucht es zum Schmelzen und Legieren von Stahlschrott. Daniel Aebli hatte keine Wahl, da China das Monopol über die Elektroden hält. Stahl Gerlafingen verarbeitet mit 750'000 Tonnen rund die Hälfte des jährlich in der Schweiz anfallenden Stahlschrotts.
Lieferverzögerungen bei Solarpanels
Ähnliche Probleme gab es in den letzten Monaten auch mit Solarmodulen aus China. Volker Geywitz, Geschäftsführer von Krannich Solar Schweiz, einem Photovoltaik-Grosshändler, kämpfte mit Lieferverzögerungen von drei bis vier Monaten. Üblich wären Lieferfristen von zwei, drei Wochen: «Die chinesischen Hersteller haben zwar ihre Produktionskapazitäten ausgebaut, aber weil inzwischen über die Hälfte der Module in den chinesischen Heimmarkt gehen, haben andere Länder das Nachsehen.»
China will als Produzent von Solarenergie führend werden und fördert den Ausbau mit Milliardenkrediten und Subventionen. Das Land baut im grossen Stil Solarparks. Auch bei der Lieferung von Wechselrichtern und Speichersystemen gab es Verzögerungen.
Robert Alard, Professor für Supply Chain Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Brugg, berät Schweizer Firmen im Umgang mit chinesischen Unternehmen.
Er betont, wie wichtig Beziehungspflege sei: «Das fällt unter den chinesischen Begriff des Guanxi: Ich versuche, mit einem Lieferanten auf persönlicher Ebene eine Beziehung herzustellen, mit dem Ziel, in der Prioritätenliste weiter nach oben zu kommen als Kunde. So dass ich, wenn es eskaliert, möglicherweise eine bessere Position habe als andere Kunden.»
Ausfall von Antibiotika-Wirkstoffen
Im Gesundheitsbereich ist die Abhängigkeit von China besonders heikel. Viele Wirkstoffe für die Antibiotika-Produktion kommen aus China – wegen der günstigen Produktion.
Im Herbst 2016 legte ein Brand bei einem wichtigen Wirkstoff-Fabrikanten die Produktion für ein Jahr lahm. Weil beide Antibiotika-Hersteller in der Schweiz den Wirkstoff von diesem Fabrikanten bezogen, konnten sie nicht mehr liefern.
Es fehlt nicht nur ein Produkt - plötzlich fehlt die ganze Palette.
Laut Ueli Haudenschild vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung brachte das Schweizer Spitäler in eine schwierige Lage: «Das zieht einen ganzen Rattenschwanz nach sich: Es fehlt nicht nur ein Produkt, sondern das Ersatzprodukt und das Ersatzprodukt vom Ersatzprodukt auch. Und plötzlich fehlt die ganze Palette.»
Ueli Haudenschild wies die Spitäler an, restriktiv mit Antibiotika umzugehen. Eine solche Situation sei problematisch: «Das kann durchaus lebensgefährlich werden, weil nicht alle Antibiotika für alles eingesetzt werden können.»