Das Wichtigste in Kürze
- 14 Millionen Kleinpakete aus Asien gelangten 2017 in die Schweiz – eine Rekordmarke.
- Die chinesische Online-Plattform Aliexpress hat den Umsatz in der Schweiz 2017 auf 280 Millionen Franken verdoppelt.
- Trotz steigender Tarife und einem neuen Schweizer Mehrwertsteuer-Gesetz: Die Menge an Chinapäckli wird weiter wachsen.
Alle zwei Sekunden gelangt ein Päckli aus Asien in die Schweiz – die meisten davon aus China. Massenweise stapeln sie sich im Postverteilzentrum Zürich-Mülligen. Täglich 45'000 Kleinsendungen kamen 2017 aus Asien an.
Das hat die Post auf Anfrage von «ECO» berechnet. Über das ganze Jahr sind es 14 Millionen Stück – mehr als doppelt soviel wie noch 2015. Neuer Rekord.
Grund für den Boom: China galt bis Ende 2017 postalisch als Entwicklungsland. Die Tarife steigen nun schrittweise an, wie der Weltpostverband entschieden hat. Es bleibt dennoch viel billiger, ein Paket aus China in die Schweiz zu schicken, als innerhalb der Schweiz.
Aliexpress wächst rasant
Immer mehr Schweizer bestellen Waren bei der chinesischen Online-Handelsplattform Aliexpress, einem Tochterunternehmen der Alibaba-Gruppe, dem chinesischen Online-Giganten, mit 490 Milliarden Franken Börsenwert. Im Vergleich dazu: Die weltweite Nummer Eins, Amazon, bringt es auf 590 Milliarden Börsenkapitalisierung.
Gründer der Alibaba-Gruppe ist Jack Ma – inzwischen einer der reichsten Männer der Welt. Sein geschätztes Vermögen: 40 Milliarden Franken.
Aliexpress ist ein «Markplatz», auf welchem kleinere Händler, meist aus China, ihre Waren anbieten können.
Zu kaufen gibt es fast alles: Elektrozubehör, wie Handykabel aber auch Kleider und Schmuck. Und das oft deutlich günstiger als bei Schweizer Händlern. Aliexpress habe seinen Umsatz in der Schweiz im letzten Jahr auf 280 Millionen Franken verdoppelt, schätzt Thomas Lang, vom E-Commerce-Beratungsunternehmen Carpathia.
«Ungleiche Spiesse»
Die Schweizer Händler stören sich daran, dass Aliexpress mit «viel besseren Konditionen» arbeite, sagt Patrick Kessler. Er ist Präsident des Verbands des Schweizerischen Versandhandels. Der Boom der Chinapäckli bedeute für den ganzen Handel in der Schweiz eine Bedrohung.
Die Schweizer Nummer Eins im Onlinehandel, Digitec Galaxus, kritisiert, chinesische Online-Plattformen hätten im Wettbewerb die längeren Spiesse. Und meint damit die tieferen Paketpreise und die fehlende Mehrwertsteuer.
Falschdeklarationen als Ärgernis
Zudem werden fast alle Pakete aus China falsch deklariert, bestätigt Stefan Luginbühl, Leiter Paketpost bei der Post. Das heisst: Viele Absender geben auf den Paketen einen zu tiefen Warenwert an. Die Postzöllner führen aufwändige Stichproben durch und belangen die Empfänger mit Nachzahlungen, wenn der Warenwert nachweislich höher als 62 Franken ist.
Dem Staat entgehen durch Falschdeklarationen jährlich 20 Millionen Franken an Mehrwertsteuer-Einnahmen, verursacht durch den ausländischen Versandhandel, so die Zollbehörden.
Das soll sich ändern, verlangt die grünliberale Zürcher Nationalrätin Tiana Angelina Moser in einem kürzlich eingereichten Postulat. Der Bundesrat solle Massnahmen aufzeigen, wie die Falschdeklaration durch internationale Versandhändler bekämpft werden könne.
Mehr Steuern für die Chinesen
Das neue Mehrwertsteuer-Gesetz soll die Situation klären. Ab dem 1.1.2019 sollen chinesische Versandhändler mit einen Umsatz ab 100'000 Franken generell steuerpflichtig werden. Die Steuerverwaltung hat einen Entwurf zur Umsetzung des Gesetzes erarbeitet.
Noch unklar ist, wie die Steuer eingezogen wird. Verantwortlich dafür ist die Post – im Auftrag der Oberzolldirektion und der Steuerbehörden. «Wir müssen die Sendungen mit dem Absender in Verbindung bringen und beim Kunden in Rechnung stellen können», so Stefan Luginbühl von der Post. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Händler in der Schweiz registrieren.
Aliexpress gibt Verantwortung weiter
Welche Rolle dabei Aliexpress – als Marktplatz – spielt, scheint noch offen. Auf Anfrage von «ECO» lässt der chinesische Konzern in einem schriftlichen Statement verlauten, man respektiere Regeln und Vorschriften – auch solche, die noch ausstehend sind.
Doch Händler, die bei Aliexpress Waren anbieten, seien selber veranwortlich, mit ihren Käufern die geltenden Vorschriften einzuhalten, zum Beispiel Verkaufs-, Steuer- oder Zolldeklarationregeln.
Doch auch neue Regeln für «China-Päckli» ändern nichts daran, dass chinesische Anbieter weltweit wohl noch weiter wachsen werden.