Darum geht es: Die grossen US-Techkonzerne verbrauchen mit ihren Rechenzentren immer mehr Strom. Grund dafür ist vor allem der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz, KI. Jetzt hat nach Microsoft auch Google bekannt gegeben, für die Stromproduktion bald auf Atomkraft setzen zu wollen. Der Internet-Konzern will ab 2030 Energie aus neuartigen kleinen Atomreaktoren (SMR) des Entwicklers Kairos Power einkaufen. Bis 2035 soll die jährliche Leistung der sechs oder sieben für Google betriebenen sogenannten modularen Reaktoren 500 Megawatt erreichen.
Der Reaktor: Die neuen, sich noch in der Entwicklung befindenden SMR von Kairos Power werden nicht mit Wasser, sondern mit geschmolzenen Fluorid-Salzen gekühlt. Damit sollen sie sicherer sein als herkömmliche, viel grössere klassische Atomkraftwerke. Das Ziel ist, dass diese Mini-AKWs in einer Fabrik vorgefertigt und am Strom-Produktionsort nur noch installiert werden müssen. Allerdings gibt es von den SMR weltweit erst Prototypen diverser Hersteller. Kairos Power beispielsweise erhielt 2023 die Genehmigung zum Bau eines Testreaktors im US-Bundesstaat Tennessee.
Immenser Stromverbrauch: Die grossen Tech-Konzerne wie Google, Microsoft oder Amazon haben sich zum klimaneutralen Wirtschaften verpflichtet. Dazu griffen sie in der Vergangenheit immer stärker auf erneuerbare Energien zurück. Doch dann kam der KI-Boom: Training und Betrieb von Software mit Künstlicher Intelligenz verschlingen Unmengen an Strom – und damit werden neue und stetige Stromquellen mit grosser Kapazität nötig. Darum jetzt der Rückgriff auf Atomenergie. Bereits mit Atomstrom arbeitet Amazon, das erst kürzlich ein Rechenzentrum gekauft hat, das mit Atomstrom betrieben wird.
AKW-Reaktivierung: Erst vor wenigen Wochen hatte Microsoft bekannt gegeben, dass einer der Reaktoren im stillgelegten US-Atomkraftwerk Three Mile Island wieder hochgefahren werden soll, um den Strombedarf des Software-Riesen zu decken. Microsoft verpflichtet sich zur Übernahme des dort produzierten Stroms während mindestens 20 Jahren. Der Reaktor hat eine jährliche Leistung von gut 800 Megawatt – im Vergleich: Das jüngste AKW der Schweiz in Leibstadt (Inbetriebnahme 1984) leistet rund 1285 Megawatt. Microsoft arbeitet eng mit dem ChatGPT-Erfinder OpenAI zusammen und integriert die Technologie hinter dem Chatbot in praktisch alle seine Produkte.
Ehrgeizige Klimaziele: Die Tech-Giganten verfolgen nachhaltige Energie-Ziele. So will Google bis 2030 unter dem Strich klimaneutral sein. Bislang wurde dies auch durch Kompensationsmassnahmen wie das Pflanzen von Bäumen zu erreichen versucht. 2023 lag der Anteil CO₂-freier Energie im Verbrauch von Googles Rechenzentren und Büros bei 64 Prozent. Microsoft seinerseits will seine CO₂-Emissionen bis 2030 mehr als ausgleichen. Bis 2050 will der Konzern sogar seinen gesamten Kohlendioxid-Ausstoss seit der Firmengründung bereinigen, so das Versprechen.