- Es gibt 24 Kantonalbanken. 21 von ihnen haben eine Staatsgarantie. Das heisst, im Falle einer Bankenkrise würde die öffentliche Hand sie retten.
- Kritiker sagen, das sei wettbewerbsverzerrend. Sie fordern mehr Transparenz bei der finanziellen Abgeltung für die Staatsgarantie.
- Die Kantonalbanken sehen dagegen ihr Modell bestätigt: Laut einer Untersuchung der Hochschule Luzern ist die Verzerrung gering.
Ginge es nach der EU, müsste die Schweiz die Staatsgarantie für Kantonalbanken abschaffen. Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz von der Universität Bern sagt: «Gerade bei Kantonalbanken mit Staatsgarantie liegt eigentlich eine Beihilfe vor, die laut EU-Recht unzulässig ist.» Zwar mache die EU in diesem Punkt derzeit keinen akuten Druck. «Ich wäre aber sehr überrascht, wenn das die EU nicht von sich aus zum Thema machen würde.»
Zudem sei es grundsätzlich falsch, dass der Staat für Kantonalbanken bürge. «Für die Kantone sind Risiken damit verbunden», sagt Kunz. Wenn eine Kantonalbank in eine Krise komme, könne das sehr teuer werden für die Steuerzahler des Kantons. «Und es sind klassische Wettbewerbsverzerrungen. Kantonalbanken sind am Markt klar im Vorteil gegenüber privaten Banken.»
Vor bald zehn Jahren sind die Leute bei den Kantonalbanken, aber auch bei Postfinance Schlange gestanden.
Diese Bevorzugung stört auch Patrik Schellenbauer, Chefökonom bei der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse. Er erinnert an die letzte Finanzkrise. «Vor bald zehn Jahren sind die Leute bei den Kantonalbanken, aber auch bei Postfinance Schlange gestanden.»
Das sei zwar eine Krisensituation gewesen. Aber diese werfe ihren Schatten voraus, so Schellenbauer: «Weil man heute eben weiss, dass der Staat in so einem Fall haften würde, haben diese Institute letztlich Zugang zu billigerem Geld.» Interessanterweise heben die Kantonalbanken selbst diese Krisenerfahrung als Pluspunkt hervor.
Der Erfolg gibt den Kantonalbanken recht
Wie eine Studie im Auftrag des Kantonalbankenverbands belegt, erzielten die Staatsbanken in der Zeit von 2008 bis heute jedes Jahr stattliche Gewinne.
Derweil rutschten die Grossbanken UBS und CS zeitweise tief in die roten Zahlen. Das zeige, dass das Modell Kantonalbank bestens funktioniere, sagt Hanspeter Hess, Direktor des Verbands: «Der Kundenzuspruch und die Ergebnisse zeigen, dass das Modell zeitgemäss und auch gewünscht ist.»
Da die Staatsgarantie abgegolten wird, haben wir die Vorteile im Wettbewerb gewissermassen eliminiert.
Kräftig profitiert haben auch die Eigentümer der Kantonalbanken, die Kantone. 2017 kassierten sie insgesamt gut 1,5 Milliarden Franken in Form von Gewinnausschüttungen, Steuern und Entschädigungen für die Staatsgarantie.
Letztere brachte letztes Jahr allerdings nur 134 Millionen Franken ein – also nicht einmal ein Zehntel des gesamten Geldsegens für die Kantone. Da fragt sich, ob die Kantonalbanken für die Garantie genug bezahlen. Christoph Lengwiler, Professor an der Hochschule Luzern, hat das untersucht. Er kommt zum Schluss: «Dank dem, dass die Staatsgarantie abgegolten wird, haben wir die Vorteile im Wettbewerb gewissermassen eliminiert oder abgeschwächt.»
Der Kanton müsste sowieso eingreifen
Es gebe zwar Wettbewerbsverzerrungen, aber nicht so starke, sagt Lengwiler. Allerdings sei es schwierig, den Wert der Garantie eindeutig zu bestimmen.
Und wie ein Kanton die Abgeltung praktisch regle, sei letztlich ein politischer Entscheid. Das habe damit zu tun, dass die Kantone Mehrheits- oder Alleineigentümerinnen der Banken sind. «Wenn sie eine Kantonalbank besitzen und diese in eine Krise kommt, dann müssen sie schauen, dass sie saniert wird. Sonst verlieren sie Geld», so der Professor. Und er ergänzt: «Auch bei einer Bank ohne Staatsgarantie wäre es so, dass der Kanton eingreifen müsste.»
Die saubere, transparente Lösung mit Abgeltung ist die korrekte Lösung.
Nur schon mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen könne sich wohl kein Kanton erlauben, die eigene Bank pleite gehen zu lassen. Diese Einschätzung teilt Hess vom Kantonalbankenverband. Darum sei es ehrlicher, für die Staatsgarantie zu bezahlen: «Dann ist es transparent und jeder kann es nachvollziehen.» Das sei besser, als wenn eine Staatsgarantie inhärent wahrscheinlich schon vorhanden sei, aber nicht entschädigt werde. «Die saubere, transparente Lösung mit Abgeltung ist die korrekte Lösung.»
Auch wenn man argumentiert, die Kantone könnten ihr Geld vielleicht besser investieren als in eine Bank, und selbst wenn sich Wettbewerbsverzerrungen nicht gänzlich ausschliessen lassen: Auf absehbare Zeit dürfte kein Schweizer Kanton freiwillig auf die Institution der Kantonalbank mit Staatsgarantie verzichten – auch wenn das die EU gerne so hätte.