Europa darf sich bezüglich Batterie-Produktion von Elektroautos keine Illusionen machen. Der Vorsprung der asiatischen Hersteller ist gross, sie haben jahrelange Erfahrung in der Massenproduktion. Trotzdem sieht Achim Kampker, Professor an der Universität Aachen, Chancen für europäische Unternehmen.
SRF News: Die Batterie-Produktion ist seit Jahren fest in den Händen asiatischer Firmen. Kann Europa in diesem Markt überhaupt noch Fuss fassen?
Achim Kampker: Definitiv. Es gilt allerdings die Chancen, die sich jetzt ergeben, zu nutzen. Das erste Signal ist, dass es in Europa nun einen Markt gibt: Die Elektromobilität ist da, Batterien werden gebraucht. Wir werden bei den Batterien – trotz der Kapazitäten, die jetzt aufgebaut werden – eine grosse Unterdeckung haben. Genau da liegt die Chance, einen Teil des Marktes zu erobern.
Wie könnten europäische Firmen konkret vom wachsenden Markt profitieren?
Es gibt verschiedene Ansätze. Das schwedische Unternehmen Northvolt etwa verfolgt das Thema «grüne Batterie». Das heisst, den CO2-Rucksack, den man mitschleppt, sobald die Batterie produziert ist, möglichst klein zu machen. «Northvolt» setzt deshalb bei der Produktion auf erneuerbare Energie, auf Wasserkraft.
Es gibt ein Einsparpotenzial von 30 bis 40 Prozent, um eine Batteriezelle herzustellen.
Ein anderer Ansatz wäre, die Produktion selbst deutlich energieeffizienter zu machen. Da geht es um ein Einsparpotenzial von 30 bis 40 Prozent, um eine Batteriezelle herzustellen. Diese beiden Ansätze könnten die europäische Industrie weit nach vorne bringen und eine Art Alleinstellungsmerkmal für europäische Produzenten sein.
Aktuell steht vor allem die Massenproduktion im Vordergrund. Haben neue Entwicklungen eine Chance gegenüber gestandener Technik?
Bei den asiatischen Herstellern ist das so: Sie kaufen Anlagen und Technologie in Asien. Für europäische Maschinen- und Anlagenbauer ist es schwierig, berücksichtigt zu werden. Deshalb ist es sinnvoll, mit europäischen Batterieherstellern neue Dinge zu erarbeiten, sodass eine Differenzierung möglich ist.
Allerdings benötigen auch die asiatischen Unternehmen eine europäische Zulieferindustrie. Deshalb bauen sie nun lokale Zulieferketten auf. Und da ergibt sich die nächste Chance: Europäische Firmen könnten all die Komponenten rund um die Batteriezellen herstellen.
Die EU hat nach langem Zögern die Bedeutung der Batterie-Produktion erkannt und Unterstützungsbeiträge in Milliardenhöhe gesprochen. Kommen diese Schritte zu spät?
Ich denke, dass Europa gute Chancen hat. Ausgemacht ist es zwar nicht – es ist ein offener Wettbewerb. Europa hat einen hervorragenden Maschinen- und Anlagenbau, die Rahmenbedingungen der EU sind gesetzt und die CO2-Ziele müssen erreicht werden. All das begünstigt die Position europäischer Unternehmen.
Ich glaube, dass Europa in der Batterie-Produktion signifikante Anteile gewinnen kann.
Welche Marktanteile sind für europäische Firmen realistisch?
Ich glaube, dass Europa in der Batterie-Produktion signifikante Anteile gewinnen kann; irgendwo im hohen zweistelligen Prozentbereich. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Industrie die richtigen Schritte macht und mutig in den wachsenden Markt geht.
Das ist oft die Krux in Europa: Wir weisen im Kleinen nach, dass etwas funktioniert, anschliessend skalieren wir. Das ist in der Elektromobilität nicht möglich. Da ist der amerikanische Ansatz zielführend, dass man grosse Geldsummen investiert und erst später profitabel wird. Wenn wir das verstehen, hat Europa eine Chance auf grosse Marktanteile.
Das Gespräch führte Matthias Heim.