In den Werkhallen des Industrieunternehmens Bühler in Uzwil (SG) riecht es dezent nach gemahlenem Getreide. Bühler ist vor allem für seine Anlagen bekannt, um Nahrungsmittel zu verarbeiten: Mühlen, um Mehl zu mahlen, riesige Backöfen, Trocknungsverfahren für asiatische Nudeln oder Anlagen, um Zutaten zu einem Teig zu vermischen.
Ein solches Mischverfahren setzt das Unternehmen seit einigen Jahren auch bei der Batterie-Produktion ein, wie der zuständige Abteilungsleiter Adrian Spillmann im Entwicklungszentrum von Bühler sagt: «Der Kern unserer Mischtechnologie basiert auf einer Lösung aus dem Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelverarbeitung.» Vor rund zehn Jahren begann Bühler die entsprechende Anlage weiterzuentwickeln.
Anstatt Mehl, Salz, Zucker und Wasser mischt die Mischanlage nun die Rohstoffe für die Batterien: Das sind Nickel-Metall-Oxide oder Eisenphosphate, als Leitfähigkeitsadditive kommen Russe oder Graphen-Partikel zum Einsatz, und als Bindematerial werden Polymere eingesetzt.
Innerhalb einer Minute werden diese Rohstoffe zu einer homogenen, zähflüssigen Paste gemischt. Die grössten Anlagen sind mehrere Meter lang und produzieren pro Stunde bis zu 2000 Liter Masse. Inzwischen sind einige Dutzend davon bei Batterieherstellern im Einsatz.
Hohe Qualitätsanforderungen
Die grosse Kunst beim Mischverfahren sei, ein stets identisches Resultat zu erhalten, erklärt Adrian Spillmann. «Die Menge der Pulver und Flüssigkeiten, die als Rohmaterialien zugegeben werden, müssen sehr genau sein, um die Qualität der Paste gewährleisten zu können.» Stimmt das Verhältnis der Rohstoffe nicht, liefert die Batterie beispielsweise nicht die gewünschte Energie oder fängt im schlimmsten Fall Feuer.
Die Menge der Pulver und Flüssigkeiten, die zugegeben werden, müssen sehr genau sein.
Die eigentliche Batterie-Produktion geschieht nicht bei Bühler, sondern in den Fabriken spezialisierter Unternehmen. Sie verarbeiten anschliessend die Paste zu einzelnen Batteriezellen weiter. Solche Zellen sind in der Regel einige Zentimeter lang und zylinderförmig oder rechteckig. Zum Schluss werden mehrere Hundert Zellen gebündelt und als kompakter Batterieblock im Unterboden der Elektroautos eingebaut.
Die asiatische Dominanz
Ein Kunde von Bühler ist der chinesische Batterieproduzent Lishen. Mit diesem Unternehmen hat der Ostschweizer Konzern seine Anlagen in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und zur Marktreife gebracht. Wer die anderen Kunden sind, ist hingegen vertraulich. Soviel darf Spillmann allerdings verraten: «Unsere Kunden sind die Batteriezellen-Hersteller. Die grossen Spieler in diesem Markt sind heute in Asien.»
Die Herstellung von Batterien für Elektroautos ist in der Tat seit Jahren fest in den Händen asiatischer Produzenten. Die Giganten der Branche sind LG Chem aus Südkorea sowie CATL und BYD aus China. Wobei allein die chinesischen Unternehmen einen Marktanteil von schätzungsweise 70 Prozent haben, wie eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger zeigt.
Aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach Batterien in Europa haben die asiatischen Weltmarktführer vor allem in Osteuropa damit begonnen, Batteriefabriken aufzubauen.
Erst vor wenigen Tagen hat LG Chem bekannt gegeben, sein bereits bestehendes Werk in Polen zu erweitern und künftig Batterien mit einer Kapazität von jährlich 100 Gigawattstunden herzustellen. Gemäss Firmenangaben könnten damit rund eine Million Elektroautos ausgerüstet werden. Das wäre mehr als die Hälfte der aktuellen Nachfrage in Europa.
Die europäischen Autohersteller haben jahrelang die Batterie-Produktion vernachlässigt und sind deshalb nun gezwungen, ihre Energiespeicher bei den Produzenten aus Fernost zu beziehen.
Allerdings möchten die Autokonzerne diese Abhängigkeit reduzieren, wie Adrian Spillmann von Bühler beobachtet: «Vor allem die europäischen Hersteller investieren momentan relativ viel in die Entwicklung der Produktionstechnologien. In erster Linie geht es darum, besser zu verstehen, wie die Zellproduktion im Detail abläuft.» In einem zweiten Schritt sei entscheidend, dass die Unternehmen eine eigene Batteriezell-Produktion prüfen könnten.
Europa ist aufgewacht
Gleichzeitig ruft der wachsende Markt für Batterien auch neue Unternehmen auf den Plan. Weit fortgeschritten sind die Pläne des schwedischen Unternehmens Northvolt. Die 2016 gegründete Firma will bereits dieses Jahr in ihrer Fabrik in Schweden die ersten Batterien produzieren und bis 2024 die Kapazitäten auf 32 Gigawattstunden pro Jahr ausbauen. Zudem plant Northvolt in Deutschland zusammen mit VW eine zusätzliche Fabrik mit einer Kapazität von 16 Gigawattstunden.
Auch das französische Unternehmen Automotive Cells Company, das zur Hälfte PSA-Opel gehört, will in den kommenden Jahren in die Batterie-Produktion einsteigen. Im nordfranzösischen Douvrin will die Firma ab 2023 jährlich acht Gigawattstunden Batteriekapazitäten für rund 150'000 Fahrzeuge herstellen. Später soll eine Fabrik in Deutschland hinzukommen.
Europa darf sich keine Illusionen machen. Der Vorsprung der asiatischen Hersteller ist gross: Sie haben jahrelange Erfahrung in der Massenproduktion von Batterien und sind bestens vertraut mit den hohen Qualitätsanforderungen der Autoindustrie.
Vorteile der europäischen Industrie
Trotzdem sieht Achim Kampker, Professor für Produktionsprozesse im Bereich Elektromobilität an der technischen Universität in Aachen, Chancen für europäische Unternehmen. Nämlich dann, wenn sie ein Alleinstellungsmerkmal hervorbringen könnten.
Kampker denkt konkret an die «grüne Batterie» wie jene von Northvolt: «Ich sehe zwei Ansätze: Man muss den CO2-Rucksack, den man mitschleppt, sobald die Batterie produziert ist möglichst klein und die Batterie-Produktion selbst energieeffizienter machen.»
Auch in den Werkhallen in Uzwil (SG) beim Traditionsunternehmen Bühler denkt man in diese Richtung. Dort stehen ebenfalls effizientere Produktionsprozesse im Fokus, wie Adrian Spillmann ausführt: «Es geht vor allem um Energieersparnisse und um die Ausbeute. Wir können mit unserem Prozess sicherstellen, dass weniger Ausschuss produziert wird.»
Mit solchen Ansätzen – da sind sich Spillmann und Kampker einig – hätten Branchenneulinge auch gegen gestandene Firmen aus Asien gute Chancen und könnten sich ein Stück des wachsenden Batteriemarktes abschneiden.