Andy Santoso ist verzweifelt. Der junge Betreiber einer erotischen Sauna in Genf hat seinen Betrieb vor zwei Jahren übernommen. Seither kämpft er um Versicherungsschutz und Bankverbindungen: «Wir haben viele Probleme. Die Banken verlangen Unterlagen, die wir nicht haben, weil sie Genf gar nicht mehr ausstellt. Oder sie verlangen persönliche Daten von den Sexarbeiterinnen, die ich gesetzlich nicht liefern darf wegen des Datenschutzes.»
Gestützt darauf würden die Banken dann Geschäftsbeziehungen ablehnen, erzählt Andy Santoso bei einem Kaffee in seinem Betrieb. Noch existenzbedrohender sei die Lage bezüglich Versicherungen. «Es gibt in der Schweiz keine Versicherung, die meinen Betrieb deckt. Die Versicherung, die uns 37 Jahre lang betreut hat, hat uns den Vertrag jüngst gekündigt – aus moralischen Gründen.»
Wenn jemand mit der Karte bezahlen will, muss ich aufpassen, dass sie nicht herausfinden, dass ich Sexworkerin bin.
Die Kündigung der Axa von allen Policen erfolgte, nachdem Andy Santoso bei der Übernahme der Sauna alles legalisiert hat, also seinen Betrieb bei Polizei und Behörden vorschriftsgemäss angemeldet hat. Bis zum Zeitpunkt dieser Legalisierung hatte die Axa den Betrieb jahrzehntelang versichert.
Es sei doch nicht normal, dass man legal unterwegs sei und dann diskriminiert werde, nur weil Sexarbeiterinnen ein- und ausgingen, klagt der junge Genfer. Er wünscht sich, dass die Politik tätig würde, um die Diskriminierung zu beenden. Es gehe nicht um die Frage der Moral, sondern um einen anerkannten Beruf.
Deutschschweizer Betriebe fühlen sich auch benachteiligt
Auch in der Deutschschweiz fühlt sich die Branche diskriminiert. Ingo Heidbrink betreibt seit über 30 Jahren mehrere Clubs in verschiedenen Kantonen. Der Umgang mit Versicherungen und Banken sei schwierig, sagt der erfahrene Manager.
«Der Club hier ist nicht versichert, weil man keine Versicherung mehr bekommt. Vor 25 Jahren war das noch einfach. Auf einmal hiess es, das geht nicht mehr. Es ist auch nicht einfach, eine Bankverbindung neu zu gründen, obwohl es ein legales Geschäft ist. Vermutlich wollen sie ihren guten Ruf nicht ruinieren.»
Und Sexarbeiterinnen machen die Einschränkungen verletzlich. Es sei fast unmöglich, ein Bankkonto zu eröffnen, wenn man ehrlich angebe, dass man im Sexgewerbe arbeite, sagt etwa Maria, die ihr eigenes Geschäft aufgebaut hat.
Auch Zahlungssysteme seien ein Problem, sagt die junge Frau. «Die meisten Zahlungssysteme gehören amerikanischen Firmen. Und dort ist es illegal, für Sexarbeit bezahlt zu werden. Bei Terminabmachungen nehme ich eine Anzahlung zu meiner Absicherung. Das geht zum Beispiel mit Twint oder Banküberweisung. Wenn jemand mit der Karte bezahlen will, muss ich aufpassen, dass sie nicht herausfinden, dass ich Sexworkerin bin.»
Obwohl es eine legale Tätigkeit ist, müssen viele Sexarbeiterinnen versteckt vorgehen. Das sei psychisch belastend, sagt Maria.
Letztlich bleibt aber unklar, wieso man einen Betrieb nicht gegen Feuer oder Wasser versichern kann, nur weil darin erotische Dienstleistungen angeboten werden.
Fakt ist: Es gibt in der Schweiz Hunderte von Erotikclubs und Zehntausende von Sexarbeiterinnen. Ihre Dienstleistungen sind legal und damit ein Gewerbe wie jedes andere auch.