Die Schweiz hat künftig nur noch eine Grossbank – und zwar einen wahren Koloss. Stellt man sich die Schweizer Volkswirtschaft als Skyline vor, in der die grössten Gebäude herausragen, wird die fusionierte Grossbank die Szenerie künftig dominieren.
Thorsten Hens, Finanzökonom an der Universität Zürich, stellt einen Vergleich zu Südkorea her. Dort ist Elektronikriese Samsung der Anker der Volkswirtschaft des Landes, der auch wesentlichen Einfluss auf die Politik hat.
Einen drastischen Vergleich macht die NZZ. Sie titelt: «Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht.» Besteht das Risiko, dass die neue Mega-Bank nun erst recht «too big to fail» wird?
«Das Risiko ist da», sagt Manuel Ammann, Professor für Finanzen an der Universität St. Gallen: «Wir reden hier nicht über irgendwelche Kleinunternehmen, sondern über riesige, hochkomplexe Banken.»
Man kann diesen Koloss auf jeden Fall nicht so stehen lassen.
Auch für Hens ist Vorsicht geboten. «Wenn man so ein grosses Unternehmen hat, wer will es am Ende noch retten?», fragt der Finanzökonom rhetorisch. Und gibt die Antwort gleich selbst: «Dann kann es nur noch die Verstaatlichung geben. Es gibt keine andere Bank, die einen solchen Koloss noch aufnehmen könnte.»
Die UBS wieder «zurechtschrumpfen»?
Der wirtschaftliche und mithin politische Einfluss des künftigen Bankgiganten dürfte beträchtlich sein. Deswegen plädiert Hens für Masshalten nach der Feuerwehrübung zur Stabilisierung des Finanzplatzes: «Vernünftig wäre womöglich, die ein oder andere Sache, die die UBS nun aufnimmt, im Laufe der Zeit wieder zu verkaufen.»
Auch die Wettbewerbskommission könne hier Einfluss nehmen und allfällige Weiterverkäufe von Unternehmensteilen anstossen. «Man kann diesen Koloss auf jeden Fall nicht so stehen lassen.»
Grundsätzlich hält Ökonom Hens die Megafusion für einen logischen Schritt. Jammern über verpasste Chancen und Fehler in der Vergangenheit helfe nichts. «Angesichts des Schlamassels, in dem man jetzt steckt, ist es die beste Lösung.»
Klaus Wellershoff, Honorarprofessor für Volkswirtschaft an der Universität St. Gallen, sekundiert: Die Fusion der beiden Grossbanken sei die richtige Entscheidung am Sonntagnachmittag gewesen – und wohl auch die einzig noch mögliche.
Das Gebilde UBS löst sich nicht in Luft auf, wenn die aktuelle Finanzkrise vorbei ist.
«Es war nicht nur eine Zwangsehe zwischen den beiden Grossbanken, sondern auch ein ziemlicher Hosenlupf für die Landesregierung, die Finanzmarktaufsicht und die Schweizerische Nationalbank», sagt Wellershoff, der bis 2009 Chefökonom bei der UBS war.
Die Aufteilung der systemrelevanten CS sei in der Kürze der Zeit wohl nicht machbar gewesen, so Wellershoff. «Ob es nicht nur als Notfallplan eine gute Lösung ist, sondern auch langfristig – davon habe ich an der Medienkonferenz vom Sonntag viel zu wenig gehört. Denn das Gebilde UBS löst sich nicht in Luft auf, wenn die aktuelle Finanzkrise vorbei ist.»
Nun steht eine noch grössere Bank als vorher da, die faktisch global mit der Garantie des Schweizer Steuerzahlers operiert.
Nach der Finanzkrise von 2008 hat die Politik versucht, das Too-big-to-fail-Problem zu lösen. Der Plan im Krisenfall: Die gesunden Teile einer Bank abspalten, die schlechten Teile abwickeln. «Das hat man nun nicht anwenden können», sagt Finanzprofessor Ammann.
«Nun steht eine noch grössere Bank als vorher da, die faktisch global mit der Garantie des Schweizer Steuerzahlers operiert.» Für Ammann liegt die Frage der Bankenregulierung «wieder neu und akut» auf dem Tisch: «Man wird noch einmal gründlich über die Bücher müssen.»