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Historie der Credit Suisse
Aus Tagesschau vom 19.03.2023.
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CS-Übernahme durch die UBS 167 Jahre Credit Suisse: Das Ende einer Traditionsbank

Die Grossbank hat nicht nur den Schweizer Finanzplatz geprägt, sie repräsentierte die Schweiz auch auf der Weltbühne, war der ganze Stolz eines kleinen Landes mit grosser wirtschaftlicher Schlagkraft. Doch dann kamen die Skandale.

Am Anfang stand der Industrielle und Politiker Alfred Escher. Der Vater der Schweizer Eisenbahn suchte nach Wegen, um das Mammutvorhaben zu finanzieren. Also gründete der umtriebige Unternehmer und Politiker 1856 ein Finanzinstitut: die Schweizerische Kreditanstalt (SKA).

Der Name sollte fortan einen festen Platz im Zentrum der Schweizer Wirtschaft einnehmen. Das Wachstum der Industrienation wäre nicht möglich gewesen, ohne sie. Die Geschicke der Bank lenkten die einheimischen Wirtschaftskapitäne. Unvergessen etwa der legendäre Rainer E. Gut. Er stand der Bank während 17 Jahren als Präsident des Verwaltungsrates vor.

In den 1990er-Jahren begann sich die Welt zu wandeln, das Zauberwort hiess «Internationales Wachstum». 1997 weitete die Bank ihren Aktivitätsradius massiv aus, als sie mit dem Kauf der Winterthur in den Versicherungsmarkt einstieg. Man gab sich einen neuen Namen: Credit Suisse.

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Aus dem Archiv: Rainer E. Gut treibt den Umbau der SKA an
Aus 10 vor 10 vom 02.07.1996.
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Ende 2000 beschäftige die Universalbank weltweit rund 80'000 Mitarbeiter, 28'000 davon in der Schweiz. Der Aktienkurs lag Ende Jahr bei rund 100 Franken, der Gewinn betrug 5.7 Milliarden Franken.

Und noch eine entscheidende Weiche wurde damals gestellt: Die CS nahm Kurs auf die Wall Street.

Der erfolglose Schritt nach Amerika

1988 kam es zur Übernahme der US-Bank First Boston, einem Finanzinstitut, das sich durch ein besonders aggressives Verhalten im boomenden Investment Banking der 1980er-Jahre einen Namen gemacht hatte. Die Übernahme kostete über 20 Milliarden Franken: Eine bis dahin nie erreichte Grössenordnung für ein Schweizer Unternehmen.

1856 bis 2013: Der Aufstieg

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  • 1856: Der Politiker und Geschäftsmann Alfred Escher gründet die Schweizerische Kreditanstalt (SKA), um den Ausbau des Eisenbahnnetzes zu finanzieren und die Industrialisierung der Schweiz zu fördern.
  • 1870: Die SKA eröffnet ihre erste Auslandsvertretung in New York.
  • 1876: Die Bank bezieht ihren neuen Hauptsitz am Zürcher Paradeplatz; ihre erste Filiale ausserhalb von Zürich eröffnet sie fast drei Jahrzehnte später in Basel.
  • 1939: Die SKA gründet die Swiss American Corporation in New York.
  • 1964: Die SKA erhält eine Lizenz als Vollbank in New York.
  • 1977: Der als Chiasso-Affäre bekannt gewordene Geldwäscheskandal führt zu einem historischen Verlust und beschleunigt den Übergang der Bank zu einer internationalen Finanzgruppe.
  • 1978: SKA und die US-Investmentbank First Boston starten eine Kooperation, um auf dem Londoner Anleihemarkt tätig zu werden.
  • 1982: Die CS Holding wird als Schwestergesellschaft der SKA gegründet, um Beteiligungen an Industrieunternehmen zu halten.
  • 1988: Die CS Holding erwirbt im Rahmen einer Rettungsaktion eine 45-prozentige Beteiligung an der US-Investmentbank First Boston und benennt sie in CS First Boston um.
  • 1989: Die SKA wird als Tochtergesellschaft in die CS Holding integriert.
  • 1990: Die Gruppe übernimmt die Mehrheit an CS First Boston und kauft die Schweizer Privatbank Bank Leu.
  • 1993: Die Gruppe übernimmt die Volksbank, die viertgrösste Bank der Schweiz, ein Jahr darauf wird die Neue Aargauer Bank gekauft.
  • 1997: Im Zuge einer Umstrukturierung wird die CS Holding in die Credit Suisse Group umgewandelt und der Name SKA gestrichen; mit dem Versicherer Winterthur wird zudem ein strategischer Partner übernommen.
  • 1999: Die Gruppe kauft das Vermögensverwaltungsgeschäft von Warburg, Pincus & Co. und ein Jahr später das Wall Street-Unternehmen Donaldson, Lufkin & Jenrette.
  • 2002: Durch eine Reorganisation entstehen zwei Einheiten: Die Credit Suisse Financial Services und die Credit Suisse First Boston; zwei Jahre später werden daraus durch die Hinzunahme von Winterthur drei Einheiten.
  • 2005: Credit Suisse und CSFB fusionieren, der Markenname Credit Suisse First Boston wird nicht mehr verwendet.
  • 2006: Die Gruppe verkauft Winterthur an den französischen Versicherer AXA.
  • 2007/2008: Im Gegensatz zum Konkurrenten UBS übersteht die Bank die globale Finanzkrise ohne staatliche Unterstützung.
  • 2013: Die Gruppe kauft das Vermögensverwaltungsgeschäft von Morgan Stanley in Europa, dem Nahen Osten und Afrika.

(Reuters)

Doch das Unterfangen Wall Street stand von Beginn weg unter keinem guten Stern. An die ruppigen Verhältnisse gewöhnten sich die, bis dahin als eher spröde geltenden, Schweizer Banker nur schwerlich.

Stück für Stück übernahmen am Zürcher Paradeplatz Amerikaner und Briten das Ruder. Berühmt-berüchtigt war etwa John Mack, der von Morgen Stanley gekommen war und zum Co-CEO wurde. An seiner Seite amtete zwar noch lange der streng dreinblickende Deutsche Oswald Grübel – doch 2007 übernahm mit Brady Dougan auch auf oberster Stufe ein US-Amerikaner.

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Aus dem Archiv: Credit Suisse in der Krise
Aus Rundschau vom 09.10.2002.
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Anfang der 2000er kam es zu einer kurzen, aber heftigen Rezession. Viele Banken hatten sich in ihrer Evaluation der anstehenden Online-Revolution vertan. Noch war die Zeit für vieles, was später das Web 2.0 werden sollte, nicht gekommen. Nur zwei Jahre nach dem Höchststand bei der Belegschaft zählte die Bank bereits 20'000 Stellen weniger. Der Aktienkurs fiel unter 20 Franken. Man schrieb einen Verlust von 3.3 Milliarden Franken.

Mehrere Umbaupläne waren die Folge. 2004 gestand die Chefetage ein, dass das Abenteuer Winterthur nicht funktioniert hatte – 2006 wurde die Versicherungssparte an die französische Axa verkauft. Doch im Kerngeschäft blieb man zuversichtlich. Und: Die Boni sprudelten weiter. Im Jahr des Winterthur-Verkaufs zahlte die Bank einem entlassenen Mitarbeiter in den USA sage und schreibe 120 Millionen Dollar Entschädigung für seine Mühen. Es war das Jahr des 150-jährigen Bestehens.

Pleiten, Pech und Pannen

Es ist nicht so, dass die Credit Suisse in der Vergangenheit nie in Skandale verwickelt gewesen wäre. 1977 war die SKA durch den «Chiasso-Skandal» erschüttert worden. In der Tessiner Filiale hatte man während Jahren undeklarierte Gelder vermögender Italiener über verschleierte Finanzvehikel in Liechtenstein aufgenommen – insgesamt über zwei Milliarden Schweizer Franken. Als die Praxis aufflog, waren Rücktritte und gar Gefängnisstrafen die Folge. Die SKA gelobte Besserung.

2013 bis 2023: Der Absturz

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2015: Unter der Leitung von Konzernchef Tidjane Thiam wird die Gruppe in drei Vermögensverwaltungsabteilungen umstrukturiert, die von zwei Investmentbanking-Abteilungen unterstützt werden.

2020

Februar: Ein Skandal um verdeckte Überwachungsmassnahmen der Bank führt zum Rücktritt von Tidjane Thiam. Nachfolger wird Thomas Gottstein.

März: Der US-Investmentfonds Archegos bricht ein und beschert der Credit Suisse einen Verlust von 5.5 Milliarden Dollar. Im selben Monat muss die Credit Suisse vier Fonds zur Finanzierung von Lieferketten im Gesamtvolumen von zehn Milliarden Dollar einfrieren. Diese waren mit dem insolventen britischen Finanzunternehmen Greensill Capital verbunden – die Bank hatte ihren Kunden die Fonds zuvor als risikoarme Produkte verkauft.

2021: Verwaltungsratschef Antonio Horta-Osorio nimmt weniger als neun Monate nach Antritt seinen Hut, nachdem er gegen Corona-Quarantänevorschriften verstossen hatte. Axel Lehmann wird sein Nachfolger.

2022

Juli: Die Bank ernennt den Restrukturierungsexperten Ulrich Körner zum Nachfolger von Konzernchef Thomas Gottstein und kündigt eine weitere strategische Überprüfung an.

Oktober: Die Bank verkündet einen umfassenden Konzernumbau. Dieser sieht eine Kapitalerhöhung von vier Milliarden Franken, einen Abbau von 9000 Stellen bis Ende 2025 und die Ausgliederung der Investmentbank in die CS First Boston (CSFB) vor. Die Saudi National Bank kündigt an, Aktien zu kaufen und damit eine Beteiligung von bis zu 9.9 Prozent zu erwerben.

2023

Februar: Die Credit Suisse weist einen Verlust von 7.3 Milliarden Franken aus, den höchsten seit der Finanzkrise 2008. Die Bank kündigt den Kauf des Investmentbankinggeschäfts der Beratungsboutique M.Klein & Co für 175 Millionen Dollar an, um es in die Credit Suisse First Boston (CSFB) einzubringen. Chef der neu aufgestellten CSFB soll der frühere CS-Verwaltungsrat und Gründer von M.Klein & CO, Michael Klein, werden.

März: Sorgen rund um die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank lassen die Aktien der Credit Suisse in der Spitze um mehr als 30 Prozent auf ein Rekordtief von 1.55 Franken abstürzen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erklärt, sie werde der Bank bei Bedarf Liquidität zur Verfügung stellen. Die Credit Suisse ergreift diese Rettungsleine wenige Stunden später und kündigt an, sich bis zu 50 Milliarden Franken von der SNB zu leihen. Doch die Beruhigung der Märkte währt nur kurz.

(Reuters)

In den 1990er-Jahren geriet die Bank in den Strudel um die Affäre um nachrichtenlose Vermögen. Vereinigungen Hinterbliebener des Holocaust hatten – mit Unterstützung einiger US-Senatoren – begonnen, auf eine Aufarbeitung der Finanzflüsse zu Kriegszeiten zu drängen. Die offizielle Schweiz und die beiden Grossbanken gaben in der Affäre kein gutes Bild ab. Sie endete mit einem Vergleich, der die CS und die UBS über eine Milliarde US-Dollar kostete.

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Aus dem Archiv: Obszöne Löhne bei der Credit Suisse
Aus Rundschau vom 02.08.2006.
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Zehn Jahre später erfolgte der Angriff auf das Bankgeheimnis. Mit der Finanzkrise 2008 begann man sich in den USA nach Steuereinnahmen umzusehen und nahm dabei die Praktiken helvetischer Finanzinstitute ins Visier. Mehrere hiesige Banken, darunter auch die CS, mussten Bussen in Milliardenhöhe berappen.

In der Chefetage der Bank herrschte im Anschluss an die Finanzkrise zwar noch Freude darüber, dass man, anders als die Konkurrentin UBS, keine Staatshilfe in Anspruch hatte nehmen müssen. Doch die dunklen Wolken über dem Paradeplatz sollten sich in den kommenden Jahren nicht verziehen.

2015 kam es zum Wechsel an der Spitze: Von Brady Dougan übernahm Tidjane Thiam. Mit dem ehemaligen Versicherungsspezialisten sollte auch der Kulturwandel kommen: Weg vom riskanten Investmentgeschäft, das stark durch New York und London geprägt war, hin zur Positionierung als verlässliche Vermögensverwalterin für eine neue Generation vermögender Grosskunden in Asien.

Doch Thiams Amtszeit gipfelte in den Enthüllungen rund um einen Beschattungsskandal. Die Bank war ob des Wechsels eine Star-Bankers zur Konkurrentin UBS derart besorgt, dass man den Mann verfolgen liess. Thiam beteuerte zwar stets, nichts gewusst zu haben, musste aber dennoch den Hut nehmen.

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Aus dem Archiv: Skandal um die Credit Suisse
Aus Rundschau vom 11.07.2012.
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Auch nach seinem Rücktritt hielten die Skandale an. In kurzer Abfolge explodierten die beiden Anlagefonds Greensill und Archegos und rissen eine milliardenschwere, klaffende Wunde in die CS-Bilanz. Nicht zuletzt im Rahmen der Veröffentlichungen «Swiss Secrets» kam zudem ans Licht, wie eng verwickelt die Bank weiterhin ins weltweite Geschäft der Vermögensverschleierung war. Zu den Kunden der Bank sollen auch Mafiosi gehört haben.

Ende vergangenen Jahres stieg die Saudi National Bank als Grossaktionärin bei der CS ein. Ein bittersüsser Moment: Nach Jahren des Kursverlustes standen die Investoren nicht mehr Schlange. Doch mit dem Engagement aus Riad schien auch eine lange, stolze Geschichte der Schweizer Eigenständigkeit verloren gegangen zu sein.

Aus dem Befreiungsschlag wurde denn auch nichts. Wer künftig am Zürcher Paradeplatz nach oben blickt, wird merken: Da prangt nur noch ein Bankenname.

Credit Suisse: Übernahme durch UBS

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Logos der Credit Suisse und der UBS prangen auf den Firmensitzen.
Legende: KEYSTONE/Michael Buholzer

Die Grossbank Credit Suisse wird durch die UBS übernommen. Die neusten Entwicklungen rund um die CS und die aktuelle Bankenkrise in der Schweiz sowie Reaktionen und Einschätzungen finden Sie hier.

Dieser Artikel wurde erstmals im März 2023 publiziert und aus aktuellem Anlass nochmals aktualisiert.

SRF 4 News, 31.08.2023, 9 Uhr

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