Elizabeth «Lizzie» Magie Phillips war für ihre Zeit eine ungewöhnliche Frau: Nicht nur arbeitete sie als Stenografin bei der Post, trat abends im Theater auf und schrieb Kurzgeschichten. Sie hatte vor allem eine politische Mission: Als Anhängerin des Ökonomen Henry George wollte sie dessen wirtschaftspolitische Ideen einer breiten Bevölkerungsschicht verständlich machen.
Der pädagogische Gedanke hinter Monopoly
Die Georgisten waren überzeugt, dass Land als natürliche Ressource der Allgemeinheit gehören sollte, wie Luft oder Wasser, und der Wert von Boden im Privatbesitz darum an die Gesellschaft zurückfliessen muss. Landeigentum und Monopole erachteten sie als Ursachen für Armut.
Zur Verbreitung dieser Idee erachtete Phillips ein Brettspiel als zielführend. Gesellschaftsspiele waren Anfang des 20. Jahrhunderts in der Mittelschicht äusserst beliebt.
Ich hoffe, dass Männer und Frauen sehr schnell begreifen, dass ihre Armut daher kommt, dass Carnegie und Rockefeller mehr Geld haben, als sie ausgeben können.
Sie nannte ihr Spiel «The Landlord's Game» (Deutsch: «Das Spiel der Grundbesitzer»). Es war komplizierter als das heutige Monopoly. Das Spiel konnte in diversen Varianten gespielt werden.
In Phillips bevorzugter Version wurde Reichtum umverteilt. Sie hoffte auf den pädagogischen Effekt. «Ich hoffe, dass Männer und Frauen sehr schnell begreifen, dass ihre Armut daher kommt, dass Carnegie und Rockefeller mehr Geld haben, als sie ausgeben können», soll sie gesagt haben. Carnegie und Rockefeller zählten damals zu den reichsten Männern.
Der Industrielle John D. Rockefeller legte 1870 den Grundstein des heutigen US-Ölkonzerns ExxonMobil. Rockefeller galt als rabiat und gnadenlos, wenn es darum ging, die Konkurrenz auszustechen. Andrew Carnegie arbeitete sich aus armen Verhältnissen zum Stahl-Unternehmer hoch. Er stattete mit seinem Vermögen aber zahlreiche Stiftungen aus, gründete Bibliotheken und unterstützte Forschung und Bildung.
In den Augen von Phillips verkörperten aber beide Unternehmer das kapitalistische System, das sie kritisierte und dem sie andere Werte entgegensetzte.
Von der Kapitalismuskritik zu « The Winner Takes It All»
1903 reichte Phillips ein Patent ein für das Brettspiel – für eine Frau damals ebenfalls eine Seltenheit. Ideen entwickeln und Patente einreichen war eine Männerdomäne. Jahre später verkaufte sie das Patent dem arbeitslosen Vertreter Charles Darrow, der ihr dafür 500 Dollar zahlte (heute ca. 11'000 Dollar). Er verkaufte das Spiel später für 7000 Dollar an einen Verlag. Heute wären das fast 155'000 Dollar (135'000 Schweizer Franken).
Das Spiel wurde zum Kassenschlager, allerdings in einer stark vereinfachten Form. Die Regel: Gewinner ist, wer mit seinem Besitz als letzter übrig bleibt. Phillips ursprünglicher Gedanke wurde ins Gegenteil verkehrt. Darrow profitierte durch Tantiemen vom finanziellen Erfolg des Spiels, Phillips ging leer aus.
Nicht nur die Kritik am Kapitalismus blieb beim Spiel auf der Strecke, auch Phillips selbst wurde lange nicht als Erfinderin des Spiels anerkannt. Sie kämpfte Zeit ihres Lebens um den Ruhm.