Das schwimmende Atomkraftwerk «Akademik Lomonossow» ist jetzt in der Hafenstadt Pewek ans Netz gegangen.
Umweltschützer warnen vor den speziellen Risiken der auf See stationierten Nuklear-Anlagen.
Auch China verfolgt bereits ähnliche Programme wie Russland und entwickelt eigene Reaktoren zum Betrieb auf dem Meer.
Ein von Umweltschützern massiv kritisiertes Projekt ist jetzt gestartet. Russlands erstes schwimmendes Atomkraftwerk ging in Russlands Fernem Osten in Betrieb.
«Meilenstein» für Atomindustrie
Die «Akademik Lomonossow» sei in der Hafenstadt Pewek am äussersten Rand im Nordosten des Riesenreiches erfolgreich ans Netz gegangen, teilte der staatliche russische Atomkonzern Rosatom mit. Dies sei ein «Meilenstein» sowohl für Russland als auch für die Atomindustrie, hiess es.
Als Symbol sei mit dem neu produzierten Strom die Weihnachtsbeleuchtung in der Stadt eingeschalten worden. Das schwimmende Kraftwerk soll vor allem schwer zugängliche Regionen mit Strom und Wärme versorgen. Zudem soll die mobile Anlage Energie für die Gas- und Ölbohrinseln auf See liefern.
Projekt «Akademik Lomonossow«
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Die „Akademik Lomonossow“ ist rund 144 Meter lang, 30 Meter breit und wiegt 21'500 Tonnen.
Die Anlage ist mit zwei Kernreaktoren, die auch in russischen Atomeisbrechern im Einsatz sind. An Bord befinden sich etwa 70 Techniker, Ingenieure und Arbeiter.
Die Anlagen sind für eine Laufzeit von 40 Jahren ausgelegt. Die Reaktoren müssen offiziellen Angaben zufolge erst nach einigen Jahren mit neuen Brennelementen bestückt werden.
Laut Pressemitteilung der russischen Prüf- und Genehmigungsbehörde wurde Anfang 2018 die Betriebsgenehmigung erteilt.
Nach Ankunft der Anlage im nordrussischen Murmansk lud der staatliche Konzern Rosatom im Mai 2018 zu einer Feierstunde. Dazu hiess es: «Nun haben wir das erste Referenzprojekt einer mobilen atomaren Energiequelle. Für die nächsten Jahre erwarten wir eine sehr hohe Nachfrage.» Bereits im Sommer 2018 hätten einige Inselstaaten ihr Interesse bekundet.
Die Gesamtkosten des Projekts «Akademik Lomonossow» sollen bei bis zu 30 Mrd. Rubel (etwa 434 Mio. Euro) liegen. Etwa 22 Mrd. Rubel (etwa 318 Mio. Euro) kostet der schwimmende Teil des Kraftwerks, weitere sieben Mrd. (etwa 101 Mio. Euro) die Anbindung und die Anlagen an Land. Das berichtete die Nachrichtenagentur RIA Novosti unter Berufung auf einen Vertreter von Rosenergoatom, zuständig für die Finanzierung des Projekts.
Das schwimmende Kraftwerk soll die Energieversorgung der nördlichen Region von Tschukotka gewährleisten. Tschukotka ist eine Verwaltungseinheit in Russland. In dem dünn besiedelten Tschukotka, das im äussersten Nordosten Russlands liegt, leben auf einer Fläche mehr als doppelt so gross wie Deutschland rund 50'000 Menschen.
Das Kraftwerk, das wie ein Schiff aussieht, kann eine Stadt soll eine Stadt mit bis zu 200'000 Einwohnern versorgen können.
«Schwimmendes Tschernobyl»
Das millionenschwere Projekt ist umstritten. Umweltschützer warnen vor einer möglichen Katastrophe im Polarmeer und bezeichnen die Anlage als «schwimmendes Tschernobyl» oder «Atom-Titanic». Es sei nicht möglich, das Atomkraftwerk vollständig vor äusseren Bedrohungen zu schützen, betonte die Umweltorganisation Ecodefense.
Stimmen von Umweltschützern
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«In jedem Atomkraftwerk kann es zu Unfällen kommen, aber die 'Akademik Lomonossow' ist zudem besonders anfällig für Stürme. Jeder Zwischenfall hätte verheerende Auswirkungen auf die sensible Umwelt der Arktis. Nicht zu vergessen, dass es dort keine Infrastruktur für die mögliche Reinigung und Krisenbewältigung gibt.»
(Raschid Alimow von Greenpeace Russland)
«Es ist absoluter Irrsinn: Ein Atomkraftwerk ohne Betonschutzhülle, dazu auf einem schwimmenden Ponton im stürmischen arktischen Meer unter widrigsten Witterungsbedingen – das ist wirklich riskant.»
(Heinz Smital, Energieexperte von Greenpeace Deutschland).
"Es besteht das Risiko eines Untergangs. Und es ist riskant, sie ufernah zu vertäuen".
«Das russische Akw-Boot ist gefährlicher Unsinn und eine weitere Volte in Russlands verantwortungsloser atomarer Geopolitik».
Sylvia Kotting-Uhl (Vorsitzende des Umweltausschusses im Deutschen Bundestag).
Russland setzt anders als etwa Deutschland verstärkt auf Atomenergie. Moskau investiert im grossen Stil in neue Atomkraftwerke, auch in Ex-Sowjetrepubliken. Das Land will in Zukunft eine ganze Flotte an schwimmenden Atomkraftwerken bauen und die Konstruktion auch an andere Länder verkaufen.
Chinas Projekte
Nach Angaben der Wissenschaftsjournalistin Dagmar Röhrlich liegt «die Entwicklung schwimmender Kernkraftwerke sozusagen im Trend». So verfolgen auch zwei staatlich unterstützte Unternehmen in China Pläne für «mindestens 20 schwimmende Kernkraftwerke». Und auch amerikanische sowie kanadische Unternehmen hätten eigene Pläne in der Schublade.
Röhrlichs Angaben zufolge, soll der «Sudan einen Vorvertrag über den Erwerb des ersten ausländischen schwimmenden Atomkraftwerks» haben.
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