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Existenzminimum in der Schweiz 400 oder 1700 Franken? Grundbedarf variiert je nach Gruppe

Sozialhilfe, Asylhilfe oder Ergänzungsleistungen: Die Beträge und Absichten der Systeme unterscheiden sich stark.

Der Grundsatz ist klar: Für jene, die nicht selber dafür aufkommen können, übernimmt der Sozialstaat die Kosten fürs Wohnen, die Gesundheit und zahlt einen Betrag für Alltagsausgaben, den sogenannten Grundbedarf. Damit bezahlen also zum Beispiel Sozialhilfebeziehende ihr Essen, Kleider, den Kaffee mit Freunden oder das Busbillett.

In der Sozialhilfe sind das für Alleinstehende aktuell rund 1000 Franken pro Monat. Das ist zwar das wichtigste Existenzminimum, aber längst nicht das einzige. Es gibt eine ganze Reihe solcher Definitionen, wie viel ein Haushalt zum Leben braucht.

Weniger für Asylsuchende, mehr für ältere Menschen

Der tiefste Ansatz findet sich in der Asylsozialhilfe. Dieser Grundbedarf soll laut Gesetz unter dem Ansatz der Sozialhilfe liegen. Teilweise erhalten vorläufig Aufgenommene oder Asylsuchende weniger als 400 Franken pro Monat. Den höchsten Betrag bekommen ältere Menschen und Menschen mit Behinderung: Sie erhalten über die Ergänzungsleistungen zur AHV und zur IV rund 1700 Franken pro Monat als Grundbedarf.

Grundbedarf nach der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe

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Markus Kaufmann ist Geschäftsführer der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS. Er erklärt, wie die SKOS diesen Grundbedarf berechnet: «Wir stellen einen Warenkorb zusammen, der über diesen Grundbedarf abgedeckt werden soll. Dann berechnen wir, wie viel die einkommensschwächsten 10 Prozent der Haushalte für diesen Warenkorb ausgeben. So viel, wie diese Haushalte ausgeben, so hoch ist das Existenzminimum in der Sozialhilfe.» Das ergibt dann die Empfehlung für alle Menschen in der Sozialhilfe. Der Grossteil der Kantone und Gemeinden halten sich an diesen Betrag.

Thomas Gächter ist Professor für Sozialversicherungsrecht an der Universität Zürich. Er sagt: «Es sind unterschiedliche Systeme, die sich historisch unterschiedlich entwickelt haben.»

Während die Ergänzungsleistungen den Anspruch in einer Sozialversicherung wie der AHV oder der Invalidenversicherung ergänzten, habe die Sozialhilfe ein ganz anderes Ziel. Sie solle die soziale Existenz sichern, verbunden mit der Pflicht, sich so weit wie möglich selbst zu finanzieren. Und bei vorläufig Aufgenommenen gehe man davon aus, dass sie die Schweiz wieder verlassen würden, und investiere darum entsprechend nicht in deren Integration.

Frau wählt Turnschuhe von Regal im Geschäft.
Legende: Wie viel braucht ein Mensch zum Leben? Die Höhe der Beträge unterscheidet sich erheblich, je nachdem, welcher gesetzliche Rahmen massgebend ist. Keystone/CHRISTOF SCHUERPF (Symbolbild)

Asylsozialhilfe oder Ergänzungsleistungen – das sind unterschiedliche Gesetze und verschiedene Geldtöpfe. Trotzdem stellt sich die Frage: Braucht ein älterer Mensch mehr Geld zum Leben als ein Asylsuchender? Objektiv betrachtet nicht, sagt Sozialpolitikforscher Yann Bochsler von der FHNW. Denn ein Brot und ein Kaffee kostet für alle gleich viel. Aber entscheidend sei etwas anderes:

«Es geht um die Frage: Wer verdient welche Art der Solidarität und Unterstützung? Wir sind im Kontext der Arbeitsgesellschaft: Da wird von jeder Person zwischen 15 und 65 Jahren erwartet, dass sie eine Ausbildung macht, um danach erwerbstätig zu sein.« Mit dem Ziel, dass die Person eigenverantwortlich ihren Lebensunterhalt bestreite. Wer diese Erwartung nicht erfülle, bekomme weniger.

Existenzminimum wird immer wieder neu verhandelt

Welche Rolle die Politik spielt, zeigt auch ein Blick zurück. Als die Ergänzungsleistungen vor fast 60 Jahren eingeführt worden sind, haben sie sich an den Beiträgen der Sozialhilfe orientiert. Doch während die Ergänzungsleistungen immer wieder erhöht wurden, geschah in der Sozialhilfe teilweise das Gegenteil. Wer wie viel zum Leben braucht, wird in der Sozialpolitik also laufend neu verhandelt.

Echo der Zeit, 16.12.2024, 18 Uhr

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