Der Bundesrat beschloss nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS am 19. März, die «Too big to fail»-Regulierung zu überprüfen. Deshalb setzte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) die Expertengruppe Finanzstabilität ein. Am 30. August nun hat der Bundesrat ihren Bericht zur Kenntnis genommen. Dies sind die wichtigsten Empfehlungen der Expertengruppe:
Krisenmanagement und Krisenvorbereitung: Die Expertengruppe verlangt eine bessere Zusammenarbeit von Schweizerischer Nationalbank (SNB), der Finanzmarktaufsicht (Finma) und dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD). Die Zusammenarbeit der drei Behörden müsse auf eine «solide Grundlage» gestellt werden, damit die «Glaubwürdigkeit der Schweizer Behörden für den Umgang mit der UBS im Krisenfall» gestärkt werde.
Liquiditätsversorgung: Bei der Liquiditätsversorgung von Banken in Not gebe es Lücken, die dringend behoben werden müssten: «Dies betrifft einerseits die Versorgung mit ausserordentlicher Liquiditätshilfe durch die SNB und andererseits die subsidiäre Versorgung einer Bank mit vom Staat garantierter Liquidität im Fall einer Sanierung.»
Bankenaufsicht: Laut Expertengruppe benötigt insbesondere die Finma weitere Instrumente für eine wirksame Aufsicht, die frühzeitiges Eingreifen ermögliche: «Es sollen Wege entwickelt werden, wie die Finma Marktinformationen effektiver in ihrer Aufsichtstätigkeit einsetzen kann.»
Eigenmittelqualität und -beschaffung: Im Bereich der Eigenmittel bestehe zu wenig Transparenz. Die Finma solle die Transparenz über die Qualität der Eigenmittel verbessern. Zudem seien Massnahmen notwendig, um die sogenannten Wandelanleihen AT1, die im Zuge der CS-Krise in Verruf geraten seien, zu rehabilitieren.
Yvan Lengwiler hat die Expertengruppe Bankenstabilität präsidiert. An der Medienkonferenz in Bern sagte der Basler Professor für Nationalökonomie: «Die wichtigste Erkenntnis, die wir gemacht haben, ist, dass es Ergänzungsbedarf gibt in unserem Regulierungsrahmen.» Es gebe aber Möglichkeiten, diesen Regulierungsrahmen zu verbessern. Lengwiler gibt sich zuversichtlich, dass die Schweiz imstande wäre, die UBS abzuwickeln, sofern dies nötig würde.
SNB nicht mit allem einverstanden
Die SNB schreibt, der Bericht enthalte eine Reihe «wesentlicher Erkenntnisse und Empfehlungen mit Blick auf die Stabilität des Finanzplatzes». Und weiter: «Gleichzeitig enthält der Bericht auch Feststellungen und Empfehlungen, die aus Sicht SNB nicht zutreffend und zielführend sind. Dies insbesondere im Hinblick auf die Zuteilung von Verantwortungen und Kompetenzen zwischen den Behörden sowie die Bereitstellung von Liquiditätshilfe.»
Für den Zürcher Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann sind die Massnahmen, die die Expertengruppe fordert, zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Doch er warnt: «Wir müssen uns verabschieden von der Idee, dass der Staat nie mehr eine Bank retten muss. Das, glaube ich, ist unrealistisch.»
Bankenrettungen seien immer wieder vorgekommen, man könne sie nicht ausschliessen: «Wir sind alle Menschen, die Fehlurteile machen. Man kann die beste Aufsicht einsetzen, die beste Regulierung. Es kann immer noch sein, dass man zum Punkt kommt, wo wiederum eine Bank vom Staat unterstützt werden muss.» Deswegen müsse man viel mehr über den Extremfall nachdenken, statt sich darüber auseinanderzusetzen, dass es gar nicht so weit komme, so Straumann.