Im letzten Jahr hat Hupac fast 12 Prozent weniger Güter transportiert als im Jahr zuvor. Das liege an der schwachen Konjunktur in Europa, sagt Hupac-Chef Michail Stahlhut: «Einmal ist es die Nachfrage, die konnten wir nicht sofort kompensieren. Wir mussten bei der Kapazitätssteuerung nachlegen, was wir im zweiten Halbjahr erreicht haben.»
Übersetzt heisst das: Weil weniger Güter transportiert werden mussten, sind auch weniger Züge gefahren. Die schwächelnde Nachfrage ist die eine Sache. Die andere ist, dass der Transport auf der Schiene an Attraktivität verloren habe: «Es geht um die ausufernden Kosten im Eisenbahnsegment, um das Thema Energiepreissteigerung und um die Steigerung im Lohnkostenbereich. Das dritte Thema ist die Zuverlässigkeit und Stabilität der Infrastruktur, vor allem in Deutschland», so Stahlhut.
Chapeau für die Leistung SBB, die innerhalb von Wochen die gleiche Kapazität über Umleitungen an den Markt gebracht hat.
Gestiegene Kosten und Probleme bei der Infrastruktur – sprich beim Schienennetz: Deswegen transportiere die Kundschaft auch wieder vermehrt auf der Strasse, sagt Stahlhut: «Wir haben im letzten Jahr 10 Prozent des Volumens verloren. Ich bin mir zu 110 Prozent sicher, dass wir mit unseren Partnern diejenigen Kunden, die auf die Strasse ausweichen, zurück auf die Schiene holen.»
Lob für SBB
Lob findet Michail Stahlhut für die SBB. Der Unterbruch im Gotthard-Basis-Tunnel traf einen für die Hupac wichtigen Streckenabschnitt. Die SBB sei mit der Situation aber sehr gut umgegangen: «Chapeau für die Leistung der SBB, die innerhalb von Wochen die gleiche Kapazität über Umleitungen an den Markt gebracht hat. Das hat uns Stabilität in der Menge gebracht. Aber an den Grenzen müssen Sie Trassen neu verbinden. Da müssen die Infrastrukturen in Deutschland und in der Schweiz zusammen interagieren. Und das ist wie immer eine Herausforderung.»
Vor allem die in Deutschland über Jahrzehnte vernachlässigte Infrastruktur bereitet der Hupac Sorgen. Die Zuverlässigkeit des Güterverkehrs leide stark darunter: «Ich glaube, dass Deutschland eine grosse Aufgabe hat. Man versucht, mit Korridorsanierungen nachzulegen und das Netz stabiler aufzustellen.»
Kurzfristige Behebung unmöglich
Auch die Bahn- und Logistikberaterin Maria Leenen bestätigt diese Schwierigkeiten. Die schlechte Infrastruktur in Deutschland bremse den Güterverkehr entscheidend aus: «Wir haben in Deutschland das Problem, dass über Jahrzehnte zu wenig in die Schiene investiert worden ist. Das führt dazu, dass wir das nicht kurzfristig beheben können. Auch von der Planungsseite her dauert es sehr lange, bis so etwas realisiert wird.»
Die Leidensbereitschaft vieler Verlader – der Kunden der Schiene – ist erstaunlich gross.
Dass wegen der Probleme bei der Infrastruktur die Kundschaft im grossen Stil auf die Strasse ausweicht, glaubt Leenen hingegen nicht: «Die Leidensbereitschaft vieler Verlader – der Kunden der Schiene – ist erstaunlich gross. Der Wunsch, eine funktionierende Schiene zu haben, ist schon sehr gross, gerade in diesen Bereichen, in denen man keine beliebige Verlagerung auf die Strasse machen kann.»
Zudem werde die bessere Umweltbilanz des Gütertransports auf der Schiene in Zukunft wichtiger werden: «Die CO2-Bepreisung, die wir nun fast in allen Ländern haben, hilft der Schiene deutlich. Wir haben den grossen Vorteil, dass die Strasse teurer wird und die Schiene nach vorne kommen kann.» Mittel- bis langfristig – so Maria Leenen – sind die Chancen durchaus intakt, mehr Güter von der Strasse auf die Schiene zu bringen.