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Freihandelsabkommen: Was, wenn es keine Einigung gibt?
Aus Rendez-vous vom 22.01.2020. Bild: Colourbox
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Freier Handel mit den USA «Es wäre nicht dramatisch, wenn es kein Abkommen gäbe»

Seit Monaten führen die Schweiz und die USA Vorgespräche für ein Freihandelsabkommen. Am WEF in Davos macht sich nun Ernüchterung bereit. Nach dem Treffen von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga mit US-Präsident Donald Trump zeigte sich, dass beide Seiten noch weit von einem Abschluss entfernt sind. Es werde schwierig, noch vor der US-Präsidentenwahl Fortschritte zu machen, schätzt Stefan Legge von der Universität St. Gallen.

Stefan Legge

Ökonom

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Stefan Legge, Ökonom an der Universität St. Gallen, forscht zu den Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA.

SRF News: Man sei wieder weit weg von einem Freihandelsabkommen, hiess es in Davos seitens der offiziellen Schweiz. Wäre es denn schlimm, wenn es gar nie zu einem solchen Abkommen kommen würde?

Stefan Legge: Besonders schlimm wäre es nicht, weil man jetzt schon eine Grundlage hat, auf der der bilaterale Handel stattfinden kann. Bei einem Freihandelsabkommen geht es eher darum, den Handel zu vereinfachen. An diversen Stellen gäbe es durchaus Möglichkeiten, die Handelsbeziehungen zu verbessern. Aber es wäre nicht dramatisch, wenn es kein Abkommen gäbe.

Seco-Direktorin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch spricht von anderen Optionen, ohne konkreter zu werden. Gibt es Alternativen?

Sie sagte, dass man wahrscheinlich darüber nachdenken müsse, etwas zu tun, was die Schweiz so noch nicht gemacht hat. Das heisst: Ein klassisches Abkommen, bei dem primär auf beiden Seiten Zölle abgebaut würden, scheint von den USA nicht gewünscht zu sein und auch keine grosse Priorität zu haben, weil sie eher mit der EU, mit Japan und China verhandeln.

Es wäre am sinnvollsten, sich über Details zu unterhalten und kleine Verbesserungen anzustreben, ohne dass man ein grosses Abkommen abschliesst.

Die Frage ist: Kann man etwas Anderes machen? Natürlich kann man, aber etwas Neues wird noch länger dauern. In den USA ist schon Wahlkampf. Das heisst, es ist nicht zu erwarten, dass sich im 2020 noch wirklich viel tun wird.

Aber sehen Sie eine Richtung, in die es mit diesen Optionen gehen könnte?

Nach vielen Gesprächen, auch mit dem US-Botschafter in der Schweiz, glaube ich, dass es am sinnvollsten wäre, sich über Details zu unterhalten und kleine Verbesserungen anzustreben, ohne ein grosses Abkommen abzuschliessen. Diese grossen, umfassenden Abkommen werden über Jahre ausgehandelt.

Etwas Neues zu starten, halte ich derzeit für unwahrscheinlich.

Man wird sehen, ob Donald Trump in einem Jahr noch Präsident ist, ob es eine neue Regierung gibt und ob es überhaupt noch Unterstützung dafür gibt. Deshalb wäre ein kleineres Abkommen besser als gar keins.

Woran liegts, dass es bei den Gesprächen in Davos keinen Fortschritt gab?

Die USA fokussieren momentan auf andere Handelspartner. Die Schweiz kann natürlich einen Vorschlag machen für ein Abkommen. Aber wir haben uns die Zahlen angeschaut: Bei einem Zollabbau wäre es so, dass die USA über 100 Millionen Dollar an Zolleinnahmen verlören, während auf Schweizer Seite 20 Millionen wegfielen. Ein klassisches Abkommen ist also nicht im Interesse der USA. Und etwas Neues zu starten, halte ich derzeit für unwahrscheinlich.

Monika Rühl von Economiesuisse sagt, die USA hätten schon Interesse an einem Abkommen mit der Schweiz. Ist der Wunsch Vater des Gedankens?

Interesse an einer guten Beziehung haben die USA sicher. Die Schweiz ist auch kein unbedeutender Handelspartner und auch generell ein wichtiger strategischer Partner. Aber das heisst nicht, dass man in der Sache Fortschritte machen wird, denn irgendwann muss man konkreter werden als bei den Statements aus Davos. Dann werden die Schwierigkeiten auftauchen, dann kommen die Interessenvertreter auf beiden Seiten. Und dann wird es schwierig. Deswegen wird es schwierig, tatsächliche Fortschritte zu erzielen.

Das Gespräch führte Simon Leu.

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