Die Coronakrise hat sich auf die Reiselust der Menschen ausgewirkt. Auch Geschäftsreisen wurden reihenweise abgesagt. Ob diese Einkommensquelle für Fluggesellschaften dereinst wieder sprudeln wird wie davor, ist fraglich.
«Ich denke, hier wird es sicher verstärkt auch hybride Formen geben, also dass man sowohl als auch macht», sagt Patrick Dümmler von Avenir Suisse. Er meint damit sowohl virtuelle Meetings wie auch Treffen vor Ort. Denn: «Überall, wo Kunden persönlich betreut werden müssen, Verkaufsgespräche anstehen, sind auch die nonverbale Kommunikation oder generell der Aufbau einer Vertrauensbasis wichtig.» Dort sei es besser, wenn man präsent sei.
Bis zur Hälfte der Reisen obsolet
Dazu, wie gross der Anteil an allen Geschäftsreisen ist, die in diesem Sinne unersetzlich sind, gibt es verschiedene Zahlen und Studien. «Einzelne gehen davon aus, dass es vielleicht zehn Prozent sein werden», erklärt Dümmler. «Bill Gates hat sich letztens vorgewagt und von 50 Prozent der Business-Reisen, die künftig nicht mehr stattfinden werden, gesprochen.»
Eine eigene Prognose wagt der Forschungsleiter nicht. «Der Rückgang wird sich über die Zeit einpendeln», glaubt er. Es werde wohl etwas länger dauern, bis sich eine markante Erholung auf dem Markt abzeichne. «Und es wird sicher auch eine höhere Akzeptanz für digitale Sitzungsformate geben.»
Klimaziele beeinflussen Entscheide
Ob ein Unternehmen Mitarbeitende auf Geschäftsreisen schickt oder nicht, werde sich aber auch unabhängig von Covid-19 verändern, so Dümmler. «Nur schon aus dem Grund, dass viele Unternehmen sich eigene Klimaziele gesetzt haben.» Ausserdem hinge der Entscheid auch von den Rahmenbedingungen in den Staaten ab, in denen eine Firma operiere. «Je nachdem ist man verpflichtet, den Fussabdruck im Bereich der Treibhausgase zu minimieren.»
Das sei doch ein recht grosser Hebel, der auf die Geschäftsreisen durchschlage, sagt der Think-Tank-Mitarbeiter. Er denke zudem, dass Fliegen mittlerweile unter Geschäftsreisenden auch nicht mehr das gleiche Prestige habe wie früher.
Eine Kosten- und vor allem Zeitfrage
Ein Zoom-Meeting mit jemandem in New York ist zudem günstiger als ein Business-Class-Flug dorthin. Auch diesen Aspekt gilt es laut Dümmler zu beachten. «Einzelne Unternehmen sind nach dieser Pandemie unter einem verstärkten Kostendruck. Und nicht zu vergessen – wahrscheinlich fast das wertvollste Gut für jeden von uns – ist einfach die Zeit. Also die Zeit, die man einspart, indem man einen digitalen Kanal wählt statt der ganzen Reiserei.»
Auch dies sorge dafür, dass die Nachfrage nach digitalen Lösungen steige. Es wird also künftig aus geschäftlichen Gründen weniger geflogen werden. «Denn wir haben alle gelernt, uns jetzt vermehrt virtuell zu treffen», sagt Dümmler von Avenir Suisse. Aber ganz verzichten wird man nicht können.