Ende Juli, mitten in den Sommerferien, musste die Swiss Dutzende Flüge streichen. Der Mutterkonzern Lufthansa hatte wegen eines Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi nahezu das gesamte Programm an ihren deutschen Drehkreuzen Frankfurt und München gestrichen. 1000 Swiss-Passagiere waren vom Streik betroffen.
Nun droht noch grösseres Ungemach: Pünktlich zum Ende der Herbstferien in der Schweiz könnte es noch im Oktober zu einer gross angelegten Streikwelle am Flughafen Zürich kommen.
Die Swiss droht mit einem Streik auf Ende Oktober. Wie realistisch ist ein solches Szenario? «Es ist auf jeden Fall nicht komplett unwahrscheinlich», sagt Laura Frommberg, Chefredaktorin des Nachrichtenportals Aerotelegraph. Jedoch sei der Ton, den die Gewerkschaft und die Airline anschlagen würden, deutlich versöhnlicher, als zum Beispiel bei Eurowings. «Das gibt zumindest Grund zur Hoffnung, dass man sich noch einigen kann.»
Diese versöhnlichen Töne klingen dann etwa so: «Wir sind in einem grossen Dilemma: Einerseits wollen wir den Passagieren und der Firma nicht schaden. Werden unsere berechtigten Interessen allerdings nicht berücksichtigt, lässt uns die Geschäftsleitung keine andere Wahl», erklärt Thomas Steffen, Mediensprecher des Berufsverbands Aeropers.
Ist der neue GAV schlechter?
Der alte Gesamtarbeitsvertrag (GAV) vor der Coronakrise sei einer der umfangreicheren der Branche gewesen, erzählt Expertin Frommberg. «Eigentlich ist da nur eine Verschlechterung möglich.» Es sei aber auch nachvollziehbar, dass diese möglichen Veränderungen die Besatzungen schmerzen würden und sie dafür einstehen wollten, die wichtigen Bedingungen zu halten, so Frommberg.
«Das letzte Angebot der Geschäftsleitung lag bei den Verhandlungen 56 Millionen unter dem GAV 2018. Dies ist für unsere Mitglieder nicht akzeptabel», erklärt Steffen. Die Swiss widerspricht diesen Aussagen. «Aus unserer Sicht ist das jetzige Angebot nicht schlechter. Aspekte, welche das Monetäre und das Sozialleben betreffen, waren bereits berücksichtigt», erklärt Betriebsleiter Oliver Buchhofer.
Ein Streik ist nie gut, insbesondere nicht für unsere Kundinnen und Kunden.
Sind Forderungen nach höheren Löhnen in einem Bereich, wo eher höhere Saläre bezahlt werden, nicht etwas dreist? «Unsere Forderungen betreffen nicht primär den finanziellen Bereich.» Man wolle vor allem eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie erreichen, so Steffen. «Es gibt viele Massnahmen, welche unsere unregelmässige Arbeit erleichtern könnten. Aktuell erhalten wir zum Beispiel unseren Dienstplan zum 25. des Vormonates. Wir wissen erst am 25. März, ob wir am 1. April auf die eigene Tochter aufpassen können.» Hier brauche es ein Entgegenkommen der Swiss.
Das Bedürfnis nach mehr Planbarkeit des Soziallebens sei angekommen, betont Swiss-Bereichsleiter Buchhofer. «Bereits heute gibt es bei der Swiss attraktive Teilzeitmodelle.» Auch während den Verhandlungen habe man in diesem Bereich nochmals verbesserte Modelle angeboten. «Gleichzeitig ist das aber auch mit höheren Kosten für das Unternehmen verbunden.»
«Ein Streik ist nie gut, insbesondere nicht für unsere Kundinnen und Kunden», erklärt Buchhofer. Man sei aber auf ein Streik-Szenario vorbereitet, um die Auswirkungen gering zu halten. In der Geschichte der Swiss gab es bisher einen einzigen Streik. Beide Seiten wollen versuchen, dass dies auch so bleibt und die Lösung am Verhandlungstisch gefunden wird.