Der Betonmischer arbeitet. Er dreht sich, dann spuckt er graue Masse in einen Kübel. Der schwebt zurück auf den Rohbau. Etwa ein halbes Dutzend Männer ist hier auf einer Baustelle in Bern unter freiem Himmel am Betonieren.
Während sie den Beton in die Holzverschalungen füllen, brennt die Sonne vom Himmel, es sind über 30 Grad im Schatten. Diese Hitze mache den Knochenjob Bau noch gefährlicher, sagt Chris Kelley von der Gewerkschaft Unia. «Dehydrierung, Hitzeschlag, Erschöpfung: An Tagen über 30 Grad nehmen die Unfälle nachweislich zu.»
Es gibt zwar Richtlinien, was die Bauarbeiter und ihre Chefs hierbei tun sollen, etwa für genügend Trinkwasser sorgen, Pausen einlegen oder schützende Kleidung tragen.
Empfehlungen gegen Hitze nicht eingehalten
«Man sieht sehr positiv auf dieser Baustelle, dass die Leute die korrekte Schutzausrüstung tragen und dass es Baracken für Pausen gibt. Das ist absolut zentral», sagt Kelley weiter. Trotzdem ist zu sehen, dass sich viele nicht an die Empfehlungen halten. Die Männer tragen etwa keinen Nackenschutz. Viele von ihnen arbeiten ohne T-Shirt.
Jetzt könnte sich aber etwas ändern. Diesen Sommer haben die Gewerkschaften und der Baumeisterverband eine gemeinsame Erklärung abgegeben, um den Schutz der Gesundheit auf dem Bau bei Hitze zu verbessern.
Ab 33 Grad könne nicht mehr gesund auf dem Bau gearbeitet werden, sagt Kelley und fordert deshalb, bei dieser Schwelle die Arbeit vorübergehend einzustellen.
Auf diese Marke hat sich auch der Baumeisterverband eingelassen. Und noch mehr: Gemeinsam mit den Gewerkschaften fordern die Baumeister, dass man künftig flexibler auf Hitze auf dem Bau reagieren kann.
«Die Hitzetage haben zugenommen, deshalb müssen wir uns auch im Bereich Hitze bewegen», sagt Jacqueline Theiler, Sprecherin des Verbands. Heisst: Die Arbeit bei Hitze auch kurzfristig unterbrechen, ohne Nachteile zu haben. Im Dialog mit den Bauherren heisst das etwa, dass diese bei Verzögerungen nicht sofort mit Strafzahlungen drohen, wenn sich der Bau hitzebedingt verzögert.
Arbeitsbeginn vorverlegen
Die Baumeister bringen noch andere Möglichkeiten ins Spiel. Etwa einen früheren Arbeitsbeginn, wie Jacqueline Theiler erläutert: «Hier würden wir uns wünschen, dass an Hitzetagen beispielsweise schon ab 6 Uhr gebaut werden könnte.»
Heute ist das vor allem in den grösseren Städten wie Zürich, Basel und Bern meist nicht möglich – etwa wegen des Lärmschutzes.
Schliesslich könnte sich auch gesetzlich etwas ändern: Im Moment sind im Parlament zwei Motionen hängig, die die sogenannte Schlechtwetterentschädigung auf Baustellen an den Klimawandel anpassen wollen. Bisher greift eine solche Entschädigung vor allem bei Nässe, Schnee und Kälte. Vertreter von SP und FDP wollen sie auch auf Hitzewellen ausweiten.
Mehr Flexibilität
Der Baumeisterverband befürwortet das, wie Sprecherin Theiler erklärt: «Dies würde ermöglichen, dass wir von starren Regelungen hin zu mehr Flexibilität kommen würden. Das heisst, dass wir auch kurzfristige Arbeitsunterbrechungen ermöglichen könnten.»
Womöglich könnte es im Hochsommer also für Bauarbeiter bald weniger gefährlich werden. Auf der Baustelle in Bern wringt einer der Gerüstbauer jetzt sein klitschnasses T-Shirt aus und zieht ein frisches über. Dann geht es weiter, bei 31 Grad im Schatten.