Wir spüren es seit Monaten im Portemonnaie: Fast alles wird teurer. Das zeigt sich auch am Konsumentenindex. Im Vergleich zum Juli letzten Jahres sind die Preise um 3,4 Prozent gestiegen. Wenn die Preise für Lebensmittel oder Benzin steigen, müssen diese Menschen woanders sparen. Für sie ist das aber kaum mehr möglich. Die Teuerung bedroht sie in ihrer Existenz.
Neue Berechnungen der Berner Fachhochschule zeigen, dass mit der aktuellen Teuerung der Anteil der Menschen in der Bevölkerung, die trotz Einkommen als «arm» gelten, von 8.5 auf 9.3 Prozent steigt. Das heisst: Zusätzlich droht über 78'000 Menschen in der Schweiz die finanzielle Armut.
Gleicher Lohn, höhere Ausgaben
Betroffen ist zum Beispiel die Familie Park. Sie leidet unter den steigenden Preisen. Vor allem das teure Benzin falle ins Gewicht. «Ich bin gelernter Käser und muss zur Arbeit anrücken. Man merkt, dass das Benzin viel teurer geworden ist. Und ich kann nicht einfach weniger fahren, die Distanz bleibt immer gleich.» Auf das Auto könne er nicht verzichten. Ohne Auto keine Arbeit.
Die aktuelle Situation bereitet ihm grosse Sorgen. Es sei unmöglich, noch mehr zu sparen. Auch wegen seiner Kinder. Mit netto rund 4000 Franken pro Monat liegt die Familie genau auf der statistischen Armutsgrenze. Mit den höheren Preisen steigen aber die Ausgaben und darum gilt die Familie statistisch gesehen nun als arm.
Gespart wird, wo es irgendwo noch geht. Man verzichtet etwa auf Arztbesuche, den Gang zum Zahnarzt.
Wie der Familie Park geht es vielen Familien in der Schweiz, wie eine neue Studie der Berner Fachhochschule zeigt: Sechs Prozent gelten als finanziell arm und haben damit Anspruch auf Sozialhilfe. 14 Prozent leben knapp oberhalb der Armutsgrenze und haben damit kein Anrecht auf Unterstützung. Bei Alleinerziehenden sind es noch mehr.
Höhere Preise treffen vor allem Haushalte mit kleinem Budget. Weil sie ohnehin knapp kalkulieren, sind für sie die höheren Preise kaum zu verkraften. «Das bedeutet, dass das knappe Geld, das man hat, für noch weniger reicht», sagt Oliver Hümbelin, Co-Autor der Studie.
Der Professor für Soziale Arbeit beobachtet, dass die Inflation bei Menschen mit knappen Budgets den Druck im Alltag vergrössert: Essen, Wohnen, Krankenkassenprämien – all das müsse man zahlen, sagt Hümbelin.
Jeder Tag eine neue Herausforderung
«Gespart wird, wo es irgendwo noch geht. Man verzichtet etwa auf Arztbesuche, den Gang zum Zahnarzt», so der Forscher. Verzichtet werde auch auf einen Kaffee oder private Treffen, also das bisschen Erholung, das einem noch bleibt. «Mittelfristig birgt all dies auch die Gefahr, dass die Gesundheit darunter leidet.»
Unerwartete Ausgaben liegen nicht drin. Das erklärt auch der Familienvater. «Ich habe Null Reserven. Ich muss immer auf den Tag warten, an dem der Lohn kommt und das Geld dann auf den ganzen Monat verteilen.» Für diese Menschen ist die Inflation in der Schweiz bereits jetzt eine echte Herausforderung.