Die Situation ist verzwickt: Der Hamburger Hafen sagt, ohne Beteiligung der Chinesen sind wir verloren in Hamburg und Deutschland – die europäischen Häfen funktionieren extrem kompetitiv. Das spielt den Chinesen in die Hände.
Volker Treier vom deutschen Industrie- und Handelskammertag hält den chinesischen Investor Cosco für wichtig. Er sei schon in zig anderen europäischen Häfen präsent.
Für Hamburg bestehe verglichen zu anderen europäischen Häfen ein Nachteil. «Wir würden den Nachteil durch den Einstieg des chinesischen Investors ausgleichen. Der spielt in der Logistik in China eine wichtige Rolle und würde uns weiter den Zugang zu den chinesischen Märkten sichern», so Treier.
Hamburg ist der Hafen und der Hafen ist Hamburg. Niemand stellt sich an der Elbe gegen die Hafenwirtschaft. Selbst die Grünen dort wissen, dass wenig geht gegen deren Interessen. Es ist also nicht verwunderlich, dass ganz besonders auch ein ehemaliger Erster Bürgermeister der Hansestadt, wie eben SPD-Kanzler Olaf Scholz, grosses Verständnis dafür hat, dass Chinesen in Hamburg investieren dürfen.
Das Problem: Sehr viele sind dagegen. So auch die zentralen Fachministerien und die Regierungspartner, die Grünen und die FDP. Schliesslich zeigt die Abhängigkeit von Russland, wohin das führt.
Selbst CDU- und Oppositionschef Friedrich Merz spricht aus, was viele denken: «Das, was wir gegenüber Russland gemacht haben, sollten wir gegenüber China nicht wiederholen.» Der Mann der Wirtschaft sprach im Wahlkampf in Niedersachsen gegen zu viel Abhängigkeit von China.
Die deutsche Regierung will ihre künftige Beziehung zu China ändern. Sie will die Menschenrechte ansprechen und einpreisen, will der Systemrivalität Rechnung tragen. So hält sie es im Koalitionsvertrag fest. Namhafte Chinaexpertinnen befürworten mehr Härte im Umgang mit Peking.
Wirtschaftsvertreter Volker Treier hält die deutsche Wirtschaft allerdings für sensibel genug im Umgang mit China, erst recht nach den Schwierigkeiten durch Corona. Und in Deutschland stünden Investoren nicht Schlange.
Man müsse sich sehr gut überlegen, Interessenten abzulehnen. «China ist unser wichtigster Handelspartner. Andererseits setzen wir Signale, dass wir China als Investor gar nicht haben möchten. Das wäre dann wirklich eine Katastrophe.»
Nun also muss sich die deutsche Regierung entscheiden: chinesische Beteiligung im Hamburger Hafen, ja oder nein. Offenbar zeichnet sich ein Kompromiss ab. Nicht wie geplant 35 Prozent, sondern bloss knapp 25 Prozent soll an die Chinesen gehen. Damit sollen sie inhaltlich keinen Einfluss bekommen. Mit an Bord wären sie trotzdem, sie können auf Firmen einwirken und haben weitreichenden Zugang zu Informationen.
Die Kritik auch an diesem Kompromiss bleibt deshalb bestehen, auch innerhalb der Regierung. Schliesslich haben die Kritiker auch die Warnungen vom Verfassungsschutz im Ohr. Dessen Präsident Thomas Haldenwang war kürzlich im Bundestag und warnte vor der Gefahr der Abhängigkeit.
Es ist selbst bei solch kritischer Infrastruktur wie dem wichtigsten deutschen Hafen offenbar extrem schwierig, sich darauf zu einigen, chinesische Beteiligung ganz auszuschliessen. Das lässt ahnen, wie schwierig es erst wird, den geplanten, neuen härteren Kurs der Regierung gegenüber China konkret umzusetzen.