Mehr als 10 Jahre verbringen Menschen in der Schweiz am Ende ihres Lebens krank. Diese Zeit in eine möglichst gesunde zu verwandeln, ist das Verkaufsversprechen einer neuen Schweizer Longevity-Klinik. Sie eröffnet Ende Juli im Zentrum von Zürich.
Die Klinik hat Therapien im Angebot, die dem Verfallsprozess im Alter entgegensteuern sollen.
«Es geht eigentlich immer darum, dass man den Körper einer gewissen positiven Belastung aussetzt», erklärt Mitgründer Tobias Reichmuth. «Das hat zur Folge, dass auf der Zellebene etwas Positives passiert, das verjüngend wirkt.»
Drei Minuten bei minus 110 Grad
So wird etwa mit einer Sauerstofftherapie bis zu 20 Mal mehr Sauerstoff in den Körper gepumpt als üblicherweise eingeatmet wird. Oder die Members, wie man bei Ayun Kunden und Kundinnen nennt, steigen für drei Minuten in eine Kältekapsel. Temperatur: minus 110 Grad.
Das Team besteht aus Beratern für Gesundheit, Ernährung und Sport. Auch drei Ärzte und Ärztinnen sind Teil von Ayun.
SRF spricht vor Ort mit mehreren Test-Members. «Ich habe mich hier angemeldet, um meinen Körper besser zu verstehen und um zu lernen, wie ich meine Lebenszeit auf der Erde verlängern kann», sagt etwa Tech-Investor Daniel Novak. Und Unternehmerin Cinzia Maag sagt: «Ich will nicht 100 Jahre alt werden. Ich will 80 werden, aber super gesund.»
Wer die Dienstleistungen in Anspruch nimmt, bezahlt sie komplett selbst. Jahresabos kosten zwischen 3000 und 9000 Franken. Tobias Reichmuth sagt, dass Interesse von Seiten der Krankenkassen zu spüren sei.
Für diese sind sie aber laut Beratungsunternehmen Deloitte auch eine Herausforderung. In einer Untersuchung von Juni führe das Feld zu Kostendämpfung und Kostensteigerung gleichzeitig. Auch hätte Longevity das Potenzial, mittelfristig zu steigenden Kosten zu führen, «insbesondere wenn Longevity-Massnahmen als Nebeneffekt auch die Lebensphase mit beeinträchtigter Gesundheit / Krankheit (leicht) verlängern.»
Deloitte ortet Goldgräberstimmung im Bereich Longevity. Die Investitionen in Start-ups im Bereich Longevity hätten signifikant zugenommen.
Altern ist nicht nur Biologie.
Christina Röcke vom Healthy Longevity Center der Universität Zürich hat den psychologischen Aspekt des Alterns im Blick. Entsprechend sind Konzepte wie jenes von Ayun für sie zu eindimensional: «Diese Kliniken beschäftigen sich mit einem sehr biologisch und medizinisch geprägten Modell des Alterns. Altern ist nicht nur Biologie. Altern ist auch Psychologie und Sinnhaftigkeit. Und wie das Altern geprägt wird, wird ganz stark auch davon geprägt, welche Haltung zum Altern wir haben.»
Sie spielt auf die Qualität des täglichen Lebens an. Und sie vermisst in solchen Angeboten die soziale Komponente. Ihre Haltung: «Für ein gesundes, langes Leben braucht es an erster Stelle tragende, gute soziale Beziehungen. Und dazu die klassischen Zutaten, die immer genannt werden.»
«80 Prozent aller Longevity-Bemühungen basieren auf gesunder Ernährung, gesund oder genug schlafen, Fitness und wenig Stress», gesteht auch Tobias Reichmuth ein. Eine Longevity-Klinik kann nur einen Bruchteil dazu beitragen, dass Menschen bis ins hohe Alter gesund bleiben.