Der Schweizer Baustoffkonzern Holcim will sein rasant wachsendes Nordamerikageschäft abspalten. Das Geschäft soll als vollständig unabhängiges Unternehmen in den USA an der Börse kotiert werden, wie Holcim am Sonntag mitteilte. Es entstehe der «führende Anbieter von Baulösungen in der Region».
Die Holcim-Spitze begründet die Abspaltung damit, dass das Unternehmen als Ganzes schlicht zu gross geworden sei. Holcim ist seit der Übernahme der französischen Lafarge 2015 der weltweit grösste Zementhersteller. Allein in den USA und Kanada sind 16’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 850 Standorten tätig. Diese Menschen und Standorte bräuchten ein eigenes Management und könnten so mehr Wert generieren, heisst es bei Holcim.
Das Nordamerikageschäft macht fast 40 Prozent des Umsatzes aus. Es habe im vergangenen Jahr einen Umsatz von über 11 Milliarden Dollar (9.5 Milliarden Franken) erzielt, sagte Konzernchef und Verwaltungsratspräsident Jan Jenisch an einer Telefonkonferenz. Nach der Abspaltung werde Holcim noch einen Umsatz von 17 Milliarden Franken erzielen. Mehr als die Hälfte des Geschäfts werde in Europa erwirtschaftet.
Die Abspaltung ist für die erste Jahreshälfte 2025 vorgesehen. Im zweiten Halbjahr 2024 werde es Investorentage geben, dann werde über die endgültige Struktur der Abspaltung informiert. Dieses neue Unternehmen wird an der Wall Street in New York kotiert sein.
«Weil es eine klar auf den US-amerikanischen und kanadischen Markt ausgerichtete Strategie haben wird, werden Anlegerinnen und Anleger mehr Interesse daran haben, sprich mehr Geld investieren – so zumindest die Hoffnung», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann.
Holcim erwägt Aktienrückkauf
Holcim könnte in den USA von den Wirtschaftsfördermassnahmen unter dem sogenannten Inflation Reduction Act IRA profitieren. Dieser unterstützt im Namen der Inflationsbekämpfung gerade im Bereich Infrastruktur die US-amerikanische Wirtschaft auch gegenüber europäischen Unternehmen.
Der Schweizer Zementkonzern will die geplante Abspaltung des Nordamerikageschäfts bei Bedarf durch den Rückkauf eigener Aktien unterstützen. «Wir haben viel Spielraum, um die richtigen Entscheidungen für eine möglichst erfolgreiche Kapitalstruktur der beiden Unternehmen zu treffen und natürlich auch, um den Aktionären Erträge zukommen zu lassen», sagte Konzern- und Verwaltungsratschef Jan Jenisch am Montag. «Wir sind bereit, den Prozess auch mit Aktienrückkäufen zu unterstützen, falls dies erforderlich ist.»
Konzern wird in der Schweiz bleiben
Der schweizerische Konzern wird seinen Hauptsitz in Zug behalten und voraussichtlich nach wie vor zu den grössten Schweizer Unternehmen gehören und deshalb zum SMI zählen, sagt Ammann. Einen Stellenabbau schliesst Jenisch auf Nachfrage aus.
Holcim hat zudem einen neuen Konzernchef ernannt. Miljan Gutovic soll per 1. Mai 2024 das Ruder übernehmen. Er war bisher Leiter des Europageschäfts. Der bisherige CEO Jan Jenisch soll sein Doppelmandat abgeben und nun ausschliesslich Präsident des Verwaltungsrats sein. Zudem werde er die Ausgliederung und Kotierung des Nordamerikageschäfts in den USA leiten.