Alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft seien unberechtigt, hat der Verteidiger des Ex-Raiffeisenchefs Pierin Vincenz vor dem Zürcher Bezirksgericht festgehalten. Lorenz Erni spricht von einem Sammelsurium von Spekulationen und falschen Interpretationen seitens Staatsanwaltschaft und fordert deshalb einen vollumfänglichen Freispruch.
Vincenz entschied nicht alleine
Die Meinung von Vincenz sei in den Entscheidgremien der Raiffeisenbank und der Kreditkartenfirma Aduno natürlich wichtig und von Bedeutung gewesen, hielt Erni fest. Es sei aber verfehlt anzunehmen, dass er als CEO und Verwaltungsratspräsident «alles nach seinem Gutdünken hätte herbeiführen können».
Dies wirft die Staatsanwaltschaft Vincenz und dessen Geschäftskollegen Beat Stocker vor. Dank Schattenbeteiligungen an anderen Firmen, die sie dann gezielt durch die von ihnen beherrschten Unternehmen aufkaufen liessen, sollen sie unrechtmässige Gewinne eingestrichen haben.
Kaufverhandlungen ohne Vincenz
Bei den Verhandlungen sei Vincenz nicht involviert gewesen, hielt demgegenüber der Verteidiger fest. Alle Entscheidungen seien in der Geschäftsleitung oder im Verwaltungsrat im Konsens und nach Abstimmung getroffen worden. «Das sind keine Abnickergremien, die Vincenz einfach gefolgt wären.»
Verteidiger Erni hatte zu Beginn seines Plädoyers auf die beruflichen Erfolge von Vincenz hingewiesen: Ohne ihn wäre die ehemalige Bauernbank Raiffeisen nicht zur drittgrössten Bankengruppe des Landes geworden. Und auch die Kreditkartenfirma Aduno habe er erfolgreich gelenkt.
Welche Rolle spielen die Medien?
«Erfolg schafft bekanntlich Neider», sagte Erni weiter. Dies dürfte auch die Triebfeder für denjenigen gewesen sein, der mit seiner Verletzung des Bankkundengeheimnisses die Untersuchung in Gang gesetzt hatte.
Diese Untersuchung habe die Staatsanwaltschaft «ganz offensichtlich nicht unbeeinflusst durch die Medienberichterstattung eröffnet», sagte der Verteidiger. Die Untersuchung sei «mit selten gesehenem Verfolgungseifer» fortgeführt worden.
Laut Erni ging die Staatsanwaltschaft gegen Vincenz viel härter vor, als in anderen vergleichbaren Fällen. Er führte dies auf die öffentliche Bekanntheit seines Mandanten zurück und den damit einhergehenden öffentlichen Druck.