Steigt der Referenzzinssatz, können die Vermieterinnen und Vermieter die Mieten erhöhen. Die Koppelung der Mietzinsen an den Referenzzinssatz gibt es nicht seit Ewigkeiten, und die Schweiz ist eines der einzigen Länder mit diesem System. Braucht es ein neues Modell? SRF News sprach mit Donato Scognamiglio und Urs Hausmann über das heutige System und eine mögliche Alternative: Die Mieten an die Teuerung zu koppeln.
SRF News: Weshalb ist die Koppelung der Mieten an den Referenzzinssatz ein Problem?
Donato Scognamiglio: Jetzt steigen die Mieten. Wenn die Mieten steigen, fliessen diese in den Landesindex der Konsumentenpreise. Das befeuert die Inflation und die will ja die Nationalbank über Zinserhöhungen eigentlich bekämpfen. Die Inflation sinkt nicht, sondern wird vielleicht sogar wieder zunehmen, was weitere Zinsschritte erforderlich machen könnte.
Die Leute wissen dann, [...], das Leben wird teurer. Also auch die Miete.
Es gibt den Vorschlag, die Mieten stattdessen an die Teuerung zu koppeln. Was wäre der Vorteil an diesem System?
Donato Scognamiglio: Es wäre einfacher zu erklären. Die Leute wissen dann, Kartoffeln und Bier werden teurer, das Leben wird teurer. Also auch die Miete. Jeder kann es einfach nachrechnen, aber letztlich ändert sich nichts am Resultat. Das Wohnen wird nicht günstiger – weder für Mieter noch für Eigentümer.
Wie könnte eine solche Kopplung an die Teuerung aussehen?
Urs Hausmann: Wenn mal ein Grundsatzentscheid gefällt wäre, dass die Inflation angemessen wäre, um bestehende Mieten zu erhöhen, würde das ein weites Feld öffnen. Man könnte sagen, alle drei Jahre können Mietzinsanpassungen vorgenommen werden, oder es könnten Sperrfristen eingeführt werden.
Man hat keine Auswege, weil ein Umzug kaum eine Erleichterung versprechen wird.
Woher kommt dieses System mit dem Referenzzinssatz?
Urs Hausmann: Am Ende des Ersten Weltkrieges hat der Staat erstmals Regularien für den Mietzins erlassen. Vorher war Angebot und Nachfrage. Die Schweiz hat während dem Zweiten Weltkrieg und nach dem Zweiten Weltkrieg sehr stark in die Preisbildung von Gütern und Dienstleistungen interveniert. Dieses System hat sich vor allem im Zweiten Weltkrieg etabliert und wurde anfangs der 1970er Jahre eins zu eins in das normale Recht überführt. Im Gegensatz zu anderen Ländern sind diese Regulierungen aber nicht abgebaut worden im Laufe der Zeit, sondern sind heute immer noch erhalten.
Lässt sich prognostizieren, wohin sich der Referenzzinssatz bewegt?
Urs Hausmann: Eine Prognose ist gar nicht nötig. Es ist eigentlich klar, wie es weitergeht. Die Zinsen und hier insbesondere der Referenzzinssatz werden systembedingt in den nächsten Jahren nur eine Richtung kennen, nämlich nach oben.
Was bedeutet das für Mieterinnen und Mieter?
Urs Hausmann: Es führt dazu, dass immer mehr Mieterhaushalte von Erhöhungen betroffen werden. Das Haushaltsbudget wird noch stärker als bis anhin belastet werden. Man hat keine Auswege, weil ein Umzug kaum eine Erleichterung versprechen wird.
Das Gespräch führte Cédric Huber.