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Kampf gegen Inflation: Europäische Zentralbank erhöht Leitzins erneut
Aus Tagesschau vom 27.10.2022.
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Rekord-Inflation im Euroraum EZB erhöht Leitzins erneut um 0.75 Prozentpunkte

  • Die Europäische Zentralbank erhöht den Leitzins erneut deutlich um 0.75 Prozentpunkte auf neu 2 Prozent.
  • Der Währungshüter reagiert damit erwartungsgemäss, um so die rekordhohe Inflation in den Griff zu bekommen.
  • Der EZB-Rat geht davon aus, dass in Zukunft weitere Zinsanhebungen folgen werden.

Damit steigt der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, auf zwei Prozent. Mit der nun dritten Zinserhöhung in Folge stemmt sich die Europäische Zentralbank gegen die hohe Inflation im Euroraum. Ziel ist es, Kredite zu verteuern, um die Nachfrage zu bremsen und so hohen Teuerungsraten entgegenzuwirken, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.

«Inflation deutlich zu hoch»

Die wirtschaftliche Aktivität habe sich im dritten Quartal wahrscheinlich deutlich verlangsamt, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss in Frankfurt. Es werde eine weitere Abschwächung im Verlauf dieses Jahres und zu Beginn des nächsten geben, so Lagarde. «Die Inflation ist nach wie vor deutlich zu hoch und wird für längere Zeit über dem Zielwert bleiben.»

Einschätzung: «Ernst der Lage erkannt»

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SRF-Wirtschaftsredaktor Iwan Lieberherr: «Im Juli 0.5 Prozentpunkte, im September 0.75 Prozentpunkte und jetzt weitere 0.75 Prozentpunkte: Die Europäische Zentralbank erhöht den Leitzins für den Euroraum erneut deutlich. Sie unterstreicht damit ihren Willen, die ausufernde Inflation unter Kontrolle zu bringen.

Die Teuerungsrate lag im September bei knapp zehn Prozent – und war damit fast fünfmal so hoch wie der von der EZB angestrebte Wert von zwei Prozent. Ob es jetzt gelingt, die Teuerung zu bremsen, ist fraglich. Die Inflation wird vor allem getrieben durch den starken Anstieg der Energiepreise, und diesbezüglich ist noch keine spürbare Entlastung absehbar.

Weitere Zinserhöhungen

Weitere Zinserhöhungen sind zu erwarten. Das lässt auch die EZB durchblicken. Das ist aber eine heftige Therapie – mit Nebenwirkungen. Erstens können höhere Zinsen die Konjunktur abwürgen, was in der aktuell ohnehin schon fragilen Wirtschaftslage heikel ist. Zweitens entstehen Spannungen zwischen den Ländern der Eurozone. So kritisiert das hoch verschuldete Italien die Zinspolitik der EZB, denn mit höheren Zinsen wird es für das Land teurer, seine Schulden zu bedienen.

Diese heftigen Nebenwirkungen wägt die EZB gegen die galoppierende Inflation ab. Hat doch auch sie gravierende Folgen – nicht zuletzt gesellschaftspolitische. Viele Leute, besonders ärmere, können sich mit ihrem Lohn oder ihrem Ersparten immer weniger kaufen. Das ist sozialer Sprengstoff.

Preisstabilität wiederherstellen

Die EZB ist anfänglich davon ausgegangen, dass die steigenden Preise ein vorübergehendes Phänomen sind und hat lange gezögert, um via Zinspolitik Gegensteuer zu geben – länger als die Notenbanken der USA, Grossbritanniens und auch der Schweiz. Nun aber scheint sie den Ernst der Lage erkannt zu haben und versucht, ihre wichtigste Aufgabe zu erfüllen: Die Preisstabilität wieder herzustellen.»

Die Euro-Währungshüter hatten bei ihrer Sitzung am 21. Juli erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum wieder angehoben. Ein weiterer Schritt erfolgte am 8. September. Der EZB-Rat beschloss erstmals in der Geschichte der Notenbank eine Zinsanhebung um 0.75 Prozentpunkte. Damit stieg der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB leihen können, auf 1.25 Prozent.

Die Inflation im Euroraum hatte sich im September weiter beschleunigt und erreichte einen Rekordwert. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhten sich die Verbraucherpreise um 9.9 Prozent. Es war der höchste Wert seit Einführung des Euro als Buchgeld 1999.

Mit höherem Zinsniveau gegen Inflation

Ökonomen hielten ein deutlich höheres Zinsniveau für notwendig, um die Inflation wirksam zu bekämpfen. Mit höheren Zinsen kann die Notenbank steigenden Teuerungsraten entgegenwirken.

Es gibt allerdings auch Sorgen, mit einer zu schnellen Normalisierung der zuvor jahrelang ultralockeren Geldpolitik die Konjunktur zu bremsen, die ohnehin unter Lieferengpässen und den Folgen des Ukraine-Krieges leidet – unter anderem auf dem Energiemarkt.

SRF 4 News, 27.10.2022, 15:00 Uhr ; 

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