Auch bei uns werden Güter teurer und Lebenshaltungskosten höher. Im Vergleich zur Inflation in den Niederlanden von über 11 Prozent oder in Deutschland von 8 Prozent steht die Schweiz gut da. Trotzdem: Im Mai stiegen die Preise für Konsumentinnen und Konsumenten hierzulande um 2.9 Prozent im Vergleich zum Mai 2021. SRF-Wirtschaftsredaktor Jan Baumann erklärt, wie der Preisschock zustande kommt – und welche Güter konkret teurer werden.
SRF News: Der Krieg in der Ukraine dauert seit Wochen an. Warum steigen die Preise jetzt schneller als erwartet?
Jan Baumann: Grundsätzlich sind die gleichen Inflationstreiber am Werk wie bisher. Aber der Preisdruck verschärft sich von Monat zu Monat. Die Schweiz kann sich immer weniger wirksam gegen die Inflation abschirmen, die global zunimmt. Das Problem ist, dass wir es weitgehend mit einer importierten Inflation zu tun haben. International steigen die Energiepreise massiv, vor allem für Öl, Gas, Benzin und Kerosin. Darum steigen auch die Treibstoffkosten für den Transport, den Tourismus und so weiter.
Bislang läuft die Wirtschaft rund – gerade auch in der Schweiz. Das Angebot ist aber global knapp und wird immer teurer.
Ein Grund dafür ist tatsächlich der Krieg in der Ukraine. Ein anderer Grund sind die Lieferengpässe, die global immer noch bestehen. Diese sind Nachwirkungen der Pandemie, verbunden mit dem neuerlichen Shutdown in China. Von dort kommen viele der Güter, die wir aus dem Ausland importieren. Man muss aber auch sehen: Bislang läuft die Wirtschaft rund – gerade auch in der Schweiz. Die Nachfrage bei den Konsumentinnen und Konsumenten ist hoch. Das Angebot ist aber global knapp und wird immer teurer.
Was ist denn konkret teurer geworden?
In erster Linie die Energiepreise. Es lohnt sich aber, die jüngste Statistik genauer anzuschauen. Im Landesindex der Konsumentenpreise sieht man, dass etwa die Wohnkosten ein Preistreiber sind: Dazu gehören neben den Mieten auch die Nebenkosten, die durch die Decke schiessen. Beim Heizöl verzeichnen wir etwa 80 Prozent Jahresteuerung. Die Wohnungsmieten dagegen sind im Jahresvergleich mit 1.4 Prozent nur moderat gestiegen.
Grundsätzlich ist die Schweiz gegen Inflationsschocks aus dem Ausland recht gut geschützt – vor allem dank des starken Frankens.
Aber für viele Menschen sind die Wohnkosten ein sehr grosser Posten im Budget. Darum fällt dieser Inflationsfaktor neben dem Energie-Preisschock stark ins Gewicht. Oder, um ein anderes Beispiel zu nehmen, auch die Preise für Reisen ins Ausland steigen: Pauschalreisen sind rund 25 Prozent teurer als noch vor einem Jahr.
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Die Lebensmittelpreise sind aber mehr oder weniger stabil? In Deutschland steigen sie ja zum Beispiel.
Getreide wie Mais und Weizen hat sich ebenso verteuert wie Obst und Gemüse. Zum Beispiel sind Melonen und Trauben teurer geworden. Auch der Kaffeepreis ist gestiegen, Wein ist ebenfalls teurer geworden. Geflügel und andere Fleischerzeugnisse sind dagegen etwas günstiger als vor einem Jahr. Allerdings machen Lebensmittel im Warenkorb nicht so viel aus wie die Kosten fürs Wohnen oder die Mobilität.
Im internationalen Vergleich liegt die Inflation in der Schweiz noch auf verhältnismässig tiefem Niveau. Weshalb ist das so?
Grundsätzlich ist die Schweiz gegen Inflationsschocks aus dem Ausland recht gut geschützt – vor allem dank des starken Frankens. Die Frankenstärke bewirkt, dass wir Produkte aus dem Ausland klar günstiger einkaufen können, als wenn wir etwa mit Euro bezahlen müssten. Dieser Puffer gegen die importierte Inflation kommt aber irgendwann ans Limit. Die Nationalbank kann und wird nicht zulassen, dass der Franken zum Euro noch viel weiter zulegt.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.