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Schweizer Stromkongress Strommarkt-Liberalisierung als Chance?

Das Abkommen mit der EU sieht auch eine Strommarkt-Liberalisierung in der Schweiz vor. Eine solche hat auch Vorteile.

Ein Stromabkommen sei im Interesse beider Seiten, sagt EU-Botschafter Petros Mavromichalis am Rande des Stromkongresses in Bern . Und: «Für die Schweiz ist es wichtig zu wissen, dass sie auf ihre Nachbarn und die EU zählen kann.»

Im Gegenzug für den Zugang zum EU-Strommarkt müsse die Schweiz den ihren liberalisieren. «Das heisst aber nicht, dass es für die Konsumenten keinen öffentlichen Versorger mehr gäbe», betont Mavromichalis. Wer wolle, könne auch im liberalisierten Strommarkt bei diesem seinen Strom beziehen.

Laut dem mit der EU ausgehandelten Abkommen könnten also alle Schweizer Haushalte ihren Stromversorger frei wählen – oder aber bei ihrem öffentlichen regionalen Grundversorger bleiben.

Gute Erfahrungen in Deutschland

In Deutschland wurde der Markt schon vor zwanzig Jahren geöffnet. Was dies für die Kunden bedeutet, erklärt Peter Heydecker von der Geschäftsleitung des deutschen Versorgungskonzerns EnBW: «Man kann sich individuell ein passendes Angebot zusammenstellen.»

So profitiere man von unterschiedlichen Angeboten und Preisen. Heydecker stammt aus Olten und kennt die Märkte in der Schweiz und in Deutschland gut.

Schweiz ist wichtige Stromdrehscheibe

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Die Details des ausgehandelten Stromabkommens mit der EU sind noch nicht bekannt. Aber im vom Bundesrat im Dezember 2024 veröffentlichten Faktenblatt dazu steht: «Die Schweiz ist mit über 40 grenzüberschreitenden Stromleitungen eng mit dem Stromnetz ihrer Nachbarländer verbunden. Gleichzeitig steht die Stromversorgung in ganz Europa vor grossen Herausforderungen. Ein Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU ist ein wichtiger Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Es regelt den Zugang der Schweiz zum europäischen Strommarkt, minimiert Risiken wie ungeplante Stromflüsse und erhöht die Versorgungssicherheit. Der Service Public in der Schweiz bleibt auch unter dem Stromabkommen gewährleistet.»

Zusammen mit der Marktöffnung habe man auch Schutzmassnahmen eingeführt, sodass in keinem Haushalt die Lichter ausgingen, betont Heydecker. So habe etwa jeder Kunde das Anrecht, beim lokalen Grundversorger seinen Strom zu beziehen. «Diese sind jedoch stets die teuersten Anbieter.»

Man hat in Deutschland also die Wahl zwischen der etwas teureren Grundversorgung oder einem Anbieter des freien Markts, mit attraktiveren Angeboten.

Konsumentenschützer voll des Lobes

Dies habe sich bewährt, sagt auch der deutsche Konsumentenschützer Henning Herbst. Man gehe davon aus, dass mehr Wettbewerb zu günstigeren Angeboten führe. «Im Jahr 2023 haben sechs Millionen Anbieterwechsel stattgefunden.» Dies zeige, dass der Markt spiele.

Und dank klarer Regeln seien die Konsumentinnen und Konsumentinnen gut geschützt, so Herbst, etwa was Laufzeiten, Preisanpassungen und Verhinderung von Missbrauch angehe. «In der überwiegenden Zahl der Stromanbieter läuft es doch sehr gut.»

Wie die Marktöffnung in der Schweiz ganz genau aussehen würde, die im Stromabkommen mit der EU ausgehandelt wurde, ist im Detail noch nicht öffentlich bekannt. Deshalb will sich die Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz noch nicht zur möglichen baldigen Strommarkt-Liberalisierung in der Schweiz äussern.

 

Rendez-vous, 16.1.2025, 12:30 Uhr

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